Reformen des EU-Emissionshandels

Die Europäische Kommission schlägt eine umfassende Reform des EU-Emissionshandelssystems (EU ETS) vor, um die verschärften Klimaziele zu erreichen.

Zwei Arbeiter auf Brücke mit Geländer

Die Europäische Union (EU) hat 2021 ihr Klimaziel verschärft: Der Ausstoß von Treibhausgasen soll bis 2030 um 55 Prozent sinken. Daher hat die Europäische Kommission im Rahmen ihres „Fit for 55“-Pakets eine tiefgreifende Reform des Emissionshandels (EU European Trading System, EU ETS) als ihrem zentralen Klimaschutz-Instrument vorgeschlagen. Rechtliche Grundlage des europäischen Emissionshandels ist die ETS-Richtlinie der EU, die mit dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG-Gesetz) in deutsches Recht umgesetzt ist. Das EU-Parlament hat den Entwurf der Kommission Ende Juni 2022 mit einigen Änderungen angenommen. Nun muss noch der Europäische Rat samt seinen Fachgremien – den die Regierungen der EU-Mitgliedsländer bilden – zustimmen.

Grafik zu Treibhausgas-Emissionen bis 2050

Weniger CO₂-Zertifikate

Wichtigster Punkt des Konzepts zur Reform des Emissionshandels ist die stärkere Verknappung der CO₂-Zertifikate. So soll die Menge der jährlich ausgegebenen Emissionsrechte künftig um 4,2 Prozent statt wie derzeit um 2,2 Prozent gesenkt werden. Dieser so genannte Reduktionsfaktor steigt bis 2029 in mehreren Schritten auf 4,6 Prozent an. Zudem soll die gesamte noch zur Verfügung stehende Zertifikatsmenge in zwei Tranchen pauschal um insgesamt 120 Millionen Stück verringert werden. Diese Verknappung wird den Preis der Emissionsrechte tendenziell weiter steigen lassen.

Auslaufen der kostenlosen Zuteilung

Energieintensive Unternehmen erhalten bislang einen großen Teil oder gar sämtliche benötigte CO₂-Zertifikate kostenlos, wenn sie Branchen und Sektoren angehören, die im globalen Wettbewerb stehen. Diese Gratiszuteilung soll ab 2027 schrittweise abgeschmolzen und Ende 2032 ganz beendet werden.

CO₂-Grenzausgleichsmechanismus

Die EU will im Rahmen der Reform des Emissionshandels ab 2027 eine Art CO₂-Zoll für Importe aus Ländern einführen, die über kein dem EU ETS vergleichbares Klimaschutz-Instrument verfügen. Dieser sogenannte CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM) soll verhindern, dass EU-Unternehmen im globalen Wettbewerb ihre Produktion in Länder außerhalb Europas verlagern, wenn die kostenlose Zuteilung von CO₂-Zertifikaten ausläuft.

Marktstabilitätsreserve

Die Marktstabilitätsreserve dient als eine Art Puffer, der extreme Ausschläge der Zertifikatspreise verhindern soll. Sind sehr viele Emissionsrechte im Umlauf, wird ein Teil aus dem Versteigerungsbudget in die Reserve überführt; bei großer Knappheit wiederum werden Zertifikate aus dem Puffer in den Markt gegeben. EU-Kommission und -Parlament wollen nun im Zuge der Reform des EU ETS die Menge der Emissionsrechte in der Reserve ab 2023 deckeln. Die darüber hinausgehenden CO₂-Zertifikate sollen gelöscht werden.

ETS 2 für Gebäude und Straßenverkehr

Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, ab 2026 ein separates Handelssystem für Emissionen einführen, die beim Einsatz fossiler Brennstoffe in Gebäuden und im Straßenverkehr entstehen (ETS 2). In Deutschland gibt es bereits einen solchen Brennstoffemissionshandel für Gebäude und den Straßenverkehr. Das EU-Parlament hat den Vorschlag der Kommission nun allerdings stark verwässert. Das System soll zunächst nur für gewerbliche Brennstoff-Abnehmer gelten. Privatkunden sollen bis mindestens 2029 davon ausgenommen sein.

Schiffs- und Flugverkehr

Ab 2024 soll nach dem Willen der EU auch der Schiffsverkehr schrittweise in den Emissionshandel einbezogen werden. Emissionen, die durch Fahrten innerhalb des europäischen Wirtschaftsraums EWR (EU plus Norwegen und Island) sowie am Liegeplatz entstehen, sollen vollständig zertifikatspflichtig werden, Emissionen aus Fahrten nach und aus außereuropäischen Ländern zunächst zur Hälfte. Im Luftverkehr möchte die Kommission die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten für Emissionen aus innereuropäischen Flügen bis Ende 2026 nach und nach abschaffen.

Verwendung der Einnahmen

Bislang müssen die EU-Mitgliedsstaaten 50 Prozent ihrer Einnahmen aus dem europäischen Emissionshandel für den Klimaschutz oder aber für die Entlastung von Haushalten mit geringem Einkommen verwenden. Diese Quote wollen EU-Kommission und -Parlament auf 100 Prozent anheben. Zudem planen sie, mehr Mittel aus dem EU ETS für wirtschaftsschwächere Mitgliedsstaaten sowie für einen Fonds zur Finanzierung von Klimaschutz-Investitionen zur Verfügung zu stellen.