LBBW Hauspost

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Es ist mal wieder Zeit, die Bilanz der Bilanzen zu ziehen. Die Berichtssaison der DAX-30-Konzerne in Deutschland neigt sich dieser Tage dem Ende.

Kommen jetzt die Payback-Wochen? Vor der Corona-Krise planten die DAX-Unternehmen noch üppige Belohnungen für die Treue ihrer Aktionäre. Etwas weniger als 40.000.000.000 Euro hatten Deutschlands Bluechips zu verteilen. Knapp 45 Prozent der Gewinne sollten unter das Volk gebracht werden. Leider waren es nur schöne Pläne. Aktuell rechnen die Experten von LBBW Research noch mit einer Ausschüttung von insgesamt 36.400.000.000 Euro. Tendenz fast täglich sinkend.

Auch der 2019er-Dividendenjahrgang hätte sich also wieder sehen lassen können. Covid-19 lässt auch die Aktionäre bluten. Reihenweise nehmen derzeit deutsche Unternehmen aus DAX, MDAX und SDAX ihre Dividendenplanungen zurück. Einzig die Pharma-, Versorger- und Telekommunikationsbranche scheinen nach den angekündigten Ausschüttungen auch tatsächlich Cash an die Aktionäre fließen zu lassen. Aber! Wer Staatshilfe – sei es Kurzarbeitergeld oder die KfW-Programme – beantragt hat, soll auch keine Dividenden zahlen. Das wollen gleich zwei Bundesminister so – Scholz und Altmaier.

Die Aktionärs-Askese hat es in sich. Fällt der Blick auf die 160 Unternehmen des DAX, MDAX und SDAX wären nach Schätzungen der LBBW-Analysten knapp 52 Milliarden Euro aus der Schatulle der CFOs auf den Depots der Anleger gelandet. Ein nur minimaler Rückgang gegenüber dem vergangenen Jahr – dem Spitzenjahr 2019 –, als für das Geschäftsjahr 2018 fast 54 Milliarden Euro an Aktieninhaber gingen. Eigentlich wäre dieses Dividendenjahr ein Champagnerjahrgang! Eigentlich!

Katastrophenjahr 2020

Der weltweite Beinahe-Stillstand der Wirtschaft im laufenden Geschäftsjahr wird wohl oder übel zum größten Dividendenausfall aller Zeiten führen. Nachdem nun ein Unternehmen nach dem anderen seine Dividendenzusagen für 2019 kassiert, wird das laufende Geschäftsjahr noch mauer. Der Dividendeneinbruch dürfte laut LBBW Research in Summe bei über 30 Prozent für die Unternehmen des Euro STOXX 50 liegen. Mit einer Rekordrezession von minus 7 Prozent für die deutsche Wirtschaft rechnen die Ökonomen von LBBW Research. Ein nie dagewesener Gewinnrückgang der Unternehmen wird die Folge sein. Nach dem Champagnerbaden der vergangenen fast zehn Jahre folgen nun Wasser und Brot. Zumindest vorerst. In jedem Fall also für die Dividenden der Jahre 2019 und 2020.

Mann vor dem Laptop

Mal rundgerechnet

13.789, 8.441, 10.345

Die Kurszettel sind Covid-19-bedingt derzeit nix für schwache Nerven. Im Januar kratzte der deutsche Leitindex an der 14.000er-Marke, um nur ein paar Tage später mit 8.441 Punkten auf das Niveau von 2013 abzustürzen. Aktuell 10.345 (Stand: 14.05.). In the long run hatten aber DAX-Aktionäre viel Spaß. Neben üppigen Dividenden kletterten auch die Kurse: plus 6,9 Prozent im Jahr 2016. Plus 12,5 Prozent 2017. Plus 25,5 Prozent 2019. Auf die stolze Summe von rundgerechnet 1,1 Billionen Euro subsummierte sich die Marktkapitalisierung der DAX 30 Ende vergangenen Jahres. 2016 standen da nur etwa 675 Milliarden Euro auf dem Kurszettel. Da ist auch das Katastrophenjahr 2018 mit minus 18,3 Prozent kein Totalausfall.

Ärgerlich, dass im vergangenen Jahr rund 660.000 Aktienbesitzer der Börse den Rücken gekehrt haben. Nur noch 9,7 Millionen deutsche Shareholder zählt das Deutsche Aktieninstitut. Jeder 8. Tendenz sinkend.

Und morgen? Übermorgen?

Die LBBW-Analysten sagen Kursgewinne von weiteren 10 Prozent im Mittel und pro anno für die kommenden Jahre voraus. Damit übersteigt die erwartete mittelfristige Rendite für Aktieninvestments die historische Rendite in Höhe von durchschnittlich 8 Prozent pro Jahr. Dieser Umstand ist für Aktieninvestoren mit einer langfristigen Anlageperspektive positiv zu werten. Aber auch: Aktien sind keine festverzinslichen Papiere. Auch wenn die vergangenen Jahre satte Renditen abgeworfen haben, eine Garantie für die Zukunft ist das noch lange nicht. Derzeit scheint es nur noch eine Garantie zu geben. Das Coronavirus wird die Wirtschaftsleistung kräftig drücken, und die Unternehmensgewinne werden deutlichen Kurs Richtung Süden nehmen. Ein kleiner Aphorismus dazu?

Ich kann zwar die Bahn der Gestirne auf Zentimeter und Sekunde berechnen, aber nicht, wohin eine verrückte Menge einen Börsenkurs treiben kann.

Isaac Newton

Im Gespräch: Thilo Brodtmann

Spricht für den deutschen Maschinenbau: VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann: „Wieder mehr Dynamik im zweiten Halbjahr“

LBBW Hauspost: Herr Brodtmann, der deutsche Maschinenbau ist von Covid-19 und vom weltweiten Konjunkturabsturz heftig getroffen. Wie lange wird es dauern, bis das Herz der deutschen Wirtschaft wieder im Takt schlägt?

Brodtmann: Der Maschinenbau hat bislang jede Krise gemeistert und sich dank seiner Wettbewerbsstärke und Flexibilität recht schnell wieder erholt. Die Corona-Krise ist nun eine besondere Herausforderung, weil sowohl Nachfrage- als such Angebotsseite schwächeln. Dennoch gibt es eine Chance, dass wir im zweiten Halbjahr wieder mehr Dynamik der globalen Konjunktur erleben werden. Dann wird auch der Maschinenbau seine Taktzahl wieder erhöhen. Von zentraler Bedeutung ist allerdings, dass es in einzelnen Ländern nicht zu einem allgemeinen Shutdown kommt. Die Betriebe müssen so weit als möglich weiterarbeiten dürfen. Dazu gehören Produktion ebenso wie Wartung und Service. Letztendlich hängt aber alles entscheidend von Dauer und Intensität der Beschränkungen in wichtigen Ländern ab.

LBBW Hauspost: Maschinenbau und Werkzeugmaschinenbau sind klassische Exportprodukte. Wo lauern die größten Gefahren auf den internationalen Märkten?

Brodtmann: Vier von fünf Maschinen, die hierzulande hergestellt werden, sind für den Export bestimmt. Der Maschinenbau hat also größtes Interesse an offenen Grenzen, einem verlässlichen Warenfluss und internationalen Handelsabkommen gemäß den WTO-Richtlinien. Im Augenblick macht uns Corona natürlich an jeder Grenze zu schaffen, die globalen Lieferketten funktionieren nicht wie gewohnt und auch die Entsendung von Servicefachkräften etwa zur Wartung von Maschinen trifft auf erhebliche Hindernisse. Aber schon vor der Pandemie hat uns der zunehmende Protektionismus rund um den Globus spürbar belastet, ebenso die Auswirkungen des Handelskonflikts zwischen den USA und China. Wenn große Absatzländer sich zunehmend abschotten und zudem ihre eigenen Spielregeln mit Strafandrohungen anderen aufzwängen wollen, leidet der Welthandel. Und das muss nicht nur dem Maschinenbau, sondern der ganzen exportorientierten Europäischen Union große Sorgen machen.

LBBW Hauspost: Alle Konjunkturprognosen gehen von einem kurzen, wenngleich katastrophalen Absturz aus. Schon im kommenden Jahr sei die Krise verdaut und die Volkswirtschaften wachsen wieder wie gehabt. Teilen Sie diese Meinung?

Brodtmann: Ganz ausgestanden ist die Corona-Krise, sobald ein Impfstoff gefunden und produziert ist. Bis dahin kann es mit Blick auf Infektionen zu Wellenbewegungen kommen, sodass es Zeiten mit mehr oder auch weniger großen gesellschaftlichen Einschränkungen geben wird – Intensität und Dauer unbekannt. Wir haben also noch Monate vor uns, in denen wir zwar weniger Einschränkungen erleben werden, aber doch noch Sand im Getriebe der Weltwirtschaft ist. Es wird aber auch eine Lernkurve geben, wie man Wirtschaft treiben kann, ohne Gesundheitsschutz zu vernachlässigen. Wir werden somit einen „Ramp-up“ in Stufen haben, der sich eine Weile hinzieht. Ähnlich wird es auch in allen anderen Ländern laufen. Dass 2021 schon wieder ein mehr oder weniger „normales“ Jahr wird, wage ich vor dem Hintergrund zu bezweifeln. Allerdings wird es viele positive Signale geben und die Talsohle durchschritten sein.

LBBW Hauspost: Mit rund 1,2 Billionen Euro hat die Bundesregierung ein Corona-Krisenpaket zur Soforthilfe geschnürt. Wie hoch wird der zweite Teil der Rechnung werden, wenn es darum geht, die Wirtschaft wieder anzufahren und Steuersenkungen sowie Konjunkturpakete zu schnüren?

Brodtmann: Ich denke, das kann heute noch niemand seriös abschätzen, weil es zu viele offene Parameter gibt. Umso wichtiger ist es, künftige Entscheidungen wieder vermehrt nach marktwirtschaftlichen Kriterien zu fällen. Wir müssen anstelle der Frage „Was hilft schnell?“ dann die Frage „Was hilft substanziell?“ stellen. Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen muss im Vordergrund stehen.

LBBW Hauspost: Wenn es etwas Positives aus dem Desaster der vergangenen Monate zu ziehen gibt: Politik kann plötzlich auch schnell. Schnell entscheiden, parteiübergreifend im Sinne der Sache. Haben Sie die Hoffnung, dass dies eine der Lehren aus der Krise sein wird, oder befürchten Sie, dass mit der Normalisierung der Zustände es auch wieder um Klientel-Denken und das übliche Klein-Klein gehen wird?

Brodtmann: Die Pandemie hat tatsächlich gezeigt, dass Regierung, Wirtschaft und Bevölkerung in einer Krise an einem Strang ziehen und gemeinsam handeln. Das spricht einmal mehr für unsere Demokratie und die soziale Marktwirtschaft. Aber das jetzt in der Not ohne große Debatten Beschlossene wird uns später einholen: Noch lang werden wir an den gewaltigen Hilfspaketen zu knabbern haben. Wollen wir das auch in „normalen“ Zeiten? Eher nicht! Der manchmal quälend anmutende politische Diskurs führt am Ende doch zu ausgewogenen Entscheidungen, die Planbarkeit ermöglichen. Wenn die Erkenntnis lautet, künftig auf weniger Bürokratie und mehr Wettbewerbsfähigkeit zu setzen, bin ich zufrieden.

Economist

Ach Mann…

Damals während der Finanzkrise im Herbst 2008 kursierte dieses angebliche Cover-Bild der britischen Kultzeitung Economist im Netz. War ein Fake – aber trotzdem gut und passt irgendwie ins heutige Bild.

Wir wünschen Ihnen einen erfolgreichen Tag
Ihr LBBW-Team