Ladeinfrastruktur: Ist die Reichweitenangst berechtigt?

Die öffentliche Ladeinfrastruktur in Deutschland ist besser als ihr Ruf. Die Bundesregierung will den Ausbau jetzt beschleunigen, unter anderem mit Zuschüssen.

Auto wird an einer E-Auto Ladesäule aufgeladen

Die Elektromobilität hat den deutschen Wortschatz um einen neuen Begriff erweitert: die Reichweitenangst. Die Sorge, mit leerer Batterie zu stranden, hält viele Autofahrerinnen und -fahrervom Kauf eines Modells mit Elektromotor ab. Das geht aus einer Umfrage des Marktforschungsinstituts YouGov hervor. Dort nannten 59 % der Befragten die Reichweitenangst als Haupthindernis für den Umstieg auf einen Stromer. Ist diese Furcht berechtigt? Und was tut der Bund dafür, um den Bürgerinnen und Bürgerndie Angst vor einer leeren Batterie zu nehmen?

Bundeskanzler Olaf Scholz hat auf der Internationalen Automobilausstellung IAA in München kürzlich deutlich gemacht: Der schnelle Ausbau der Ladeinfrastruktur ist zentrale Voraussetzung, um das Ziel von 15 Millionen Elektroautos bis 2030 zu erreichen. Insgesamt eine Million öffentlich zugängliche Ladepunkte sollen Ende dieses Jahrzehnts eingerichtet sein, lautet das Ziel der Bundesregierung.

101000 öffentliche Ladesäulen

gab es deutschlandweit zum Ende des ersten Halbjahres 2023.

Davon ist Deutschland bislang jedoch noch weit entfernt – zum Ende des ersten Halbjahres 2023 gab es erst 101.000 öffentliche Ladepunkte, hat der Bundesverband der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft ermittelt. Zum Vergleich: In Frankreich sind heute ähnlich viele Ladepunkte installiert, bei deutlich weniger Einwohnern.

EU-Ziel bei Ladeleistung weit übertroffen

Allerdings kommt es nicht nur auf die Anzahl der Ladepunkte an, sondern auch auf deren Leistung. Denn je mehr Strom durch die Stecker fließt, desto kürzer ist die Zeit, in der die E-Auto-Fahrenden die Ladestationen blockieren. Und hier kommt die Bundesrepublik gut voran: Die landesweit installierte Leistung an allgemein zugänglichen Ladestationen hat sich in den vergangenen anderthalb Jahren fast verdreifacht. Damit übertrifft Deutschland die Vorgaben der Europäischen Union deutlich. So verlangt die Fit-for-55-Strategie der EU, für jedes zugelassene batteriebetriebene Fahrzeug eine Ladeleistung von 1,3 Kilowatt bereitzustellen. Bei den gegenwärtigen Zulassungszahlen in der Bundesrepublik (inklusive Hybrid-Fahrzeuge) entspricht das insgesamt 2,23 Gigawatt – tatsächlich sind hierzulande aber bereits 4,5 Gigawatt verfügbar.

In den allermeisten Fällen sollte es E-Auto-Fahrenden also nicht schwerfallen, eine freie Stromtankstelle zu finden. Denn schließlich waren die öffentlich zugänglichen Ladepunkte laut BDEW-Statistik im ersten Halbjahr 2023 nur zu 11,6 % der Zeit belegt.

Viel Förderung für Schnellladepunkte

Da die Elektromobilität deutlich an Fahrt gewinnt, muss das Tempo beim Ladesäulen-Ausbau ebenfalls weiter anziehen. Die Bundesregierung will deshalb mit ihrem „Masterplan Ladeinfrastruktur II“ in den nächsten Jahren kräftig Gas geben. Das Programm enthält eine Vielzahl konkreter Maßnahmen – von der Unterstützung der Kommunen bei Planung und Umsetzung von Ladepunkten über die Vereinfachung der Genehmigungsprozesse bis hin zum Aufrüsten der Stromnetze für die Ladeinfrastruktur.

Reichweitenangst gehört bald endgültig der Vergangenheit an.

Olaf Scholz, Bundeskanzler

Darüber hinaus gewährt der Bund auch direkte Zuschüsse für den Bau von Ladepunkten: Insgesamt 1,8 Milliarden Euro stellt die Regierung für 8.500 Schnellladepunkte bereit. Davon entfallen 350 Millionen Euro auf 952 Schnelllader an 200 Autobahn-Parkplätzen. Die ersten so finanzierten Stationen sollen Ende 2023 eröffnet werden.

2 Mrd. Euro

stellt die deutsche Regierung für die Installation von 8.500 Schnellladepunkten mit mindestens 150 Megawatt Leistung bereit.

Darüber hinaus gewährt der Bund auch direkte Zuschüsse für den Bau von Ladepunkten: Insgesamt 1,8 Milliarden Euro stellt die Regierung für 8.500 Schnellladepunkte bereit. Davon entfallen 350 Millionen Euro auf 952 Schnelllader an 200 Autobahn-Parkplätzen. Die ersten so finanzierten Stationen sollen Ende 2023 eröffnet werden.

Zuschüsse für Bündel aus Wallbox, Photovoltaik und Speicher

So wichtig der Ausbau der allgemein zugänglichen Ladeinfrastruktur für den Umstieg auf Elektrofahrzeuge auch ist: Die meisten E-Auto-Fahrenden haben eine eigene, private Wallbox installiert. Mit gutem Grund, kostet die Kilowattstunde Strom daheim doch weit weniger als an öffentlichen Ladepunkten. Wer eine Photovoltaikanlage auf seinem Dach hat, kann in sonnigen Stunden gar ganz umsonst laden. Kein Wunder also, dass laut einer Analyse der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität rund 85 % der Ladevorgänge daheim stattfinden.

Auch für das Laden zuhause hat der Bund zuletzt ein üppiges Förderpaket geschnürt: Private Eigentümer selbst genutzter Wohnhäuser können ab dem 26. September 2023 Zuschüsse beantragen, wenn sie Wallbox, Photovoltaikanlage und stationären Batteriespeicher installieren wollen. Wichtig dabei: Geld gibt es lediglich für ein Bündel der drei Komponenten – und auch nur dann, wenn der Haushalt bereits ein Elektroauto besitzt oder aber eines bestellt hat. Bis zu 10.200 Euro erhalten Hausbesitzer. Dieses Förderprogramm ist mit insgesamt 500 Millionen Euro ausgestattet.

500 Mio. Euro

beträgt das Volumen des Förderprogramms, für das ab 26.9.2023 Zuschüsse beantragt werden können für Wallboxen, Photovoltaikanlagen, stationäre Batteriespeicher.