So will die EU jetzt Immobilien klimafreundlicher machen

Es geht um Energieeffizienz: EU-Kommission, Europäisches Parlament und die Mitgliedsstaaten haben sich auf eine neue Gebäuderichtlinie geeinigt.

Handwerker baut Dämmung ans Dach

Um das Klima zu schützen, sollen Immobilien möglichst wenig Energie verbrauchen. Jahrelang haben die Gremien der Europäischen Union (EU) darüber diskutiert, welches Effizienzniveau neue Immobilien künftig erreichen sollen und ob es eine Sanierungspflicht oder gar einen Solarzwang geben soll. Nun gibt es eine Einigung: Mit der Novelle der sogenannten EU-Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie („Energy Performance of Building Directive“, kurz EPBD) haben EU-Kommission, EU-Parlament und Mitgliedsstaaten jetzt neue Klimaschutzregeln für Immobilien beschlossen.

16 %

weniger an Primärenergie sollen Wohngebäude in der EU bis 2030 verbrauchen (im Vergleich zu 2020).

Wenige Monate vor der Europawahl hat die EU damit einen der letzten großen Bausteine der „Fit for 55“-Strategie gesetzt. Zwar müssen die zuständigen Minister der EU-Staaten sowie das EU-Parlament der Richtlinie noch final zustimmen, das gilt jedoch als Formsache.

Spielraum für EU-Staaten bei Bestandsbauten

Ein zentrales Ziel der neuen Richtlinie ist, den Primärenergieverbrauch des Bestandes von Wohngebäuden in der EU zu senken – bis 2030 im Durchschnitt um 16 Prozent und bis 2035 um 20 bis 22 Prozent, jeweils gegenüber 2020. Wie diese Marken erreicht werden, bleibt den Mitgliedsstaaten weitgehend selbst überlassen. Sie müssen nur sicherstellen, dass 55 Prozent der Einsparung über eine Sanierung der ineffizientesten Gebäude erzielt werden.

Die ursprünglich vorgesehene europaweite Sanierungspflicht für die energetisch schlechtesten Gebäude ist damit zumindest für Wohnhäuser vom Tisch. Neben den Regierungen anderer EU-Staaten hatte sich auch die Ampelkoalition gegen eine solche Pflicht ausgesprochen.

Vom Tisch: Die Sanierungspflicht für energetisch schlechte Wohnhäuser ist gestrichen worden.

Bei Nichtwohngebäuden dagegen, also etwa Büro- und Handelsimmobilien oder öffentlichen Gebäuden, verpflichtet die neue Richtlinie die Mitgliedsstaaten, bis 2030 insgesamt 16 Prozent und bis 2033 26 Prozent der ineffizientesten Gebäude sanieren zu lassen. Das soll über energetische Mindeststandards geschehen, die die Länder beschließen müssen. Hier gibt es also de facto künftig eine Sanierungspflicht.

Keine fossilen Brennstoffe ab 2040

Darüber hinaus müssen die EU-Staaten sicherstellen, dass ab 2040 keine Heizkessel mehr in Betrieb sind, die mit Erdgas oder Heizöl befeuert werden. Wer also 2023 noch eine solche Heizung installiert hat, muss sie also spätestens Ende des nächsten Jahrzehnts stilllegen, obwohl sie mit großer Wahrscheinlichkeit noch weit länger funktionstüchtig wäre.

2040

Ab dem Jahr 2040 müssen die EU-Staaten sicherstellen, dass keine Heizkessel mehr in Betrieb sind, die mit Erdgas oder Heizöl befeuert werden.

Fördermittel für Heizungen, die allein fossile Brennstoffe nutzen, dürfen die Mitgliedsstaaten nur noch bis 2025 gewähren. Deutschland betrifft das nicht – schon heute gibt es allein für Erneuerbare-Energien-Heizungen Geld vom Staat. Bei sämtlichen Anforderungen an bestehende Gebäude räumt die EU den Mitgliedsstaaten das Recht ein, Ausnahmen für denkmalgeschützte oder historisch und kulturell besonders wertvolle Gebäude, für temporäre Bauten und für landwirtschaftlich genutzte Immobilien zu beschließen.

Solarpflicht für Neubauten

Auch für Neubauten macht die Richtlinie Vorgaben: Sie müssen ab 2030 als Netto-null-Immobilien ausgeführt werden. Das bedeutet, dass sie rechnerisch nicht mehr Energie verbrauchen dürfen, als sie etwa über eine Fotovoltaikanlage selbst erzeugen. Für Gebäude, die von staatlichen Institutionen errichtet oder gemietet werden, gilt dies bereits ab 2028.

Darüber hinaus müssen die Mitgliedsstaaten spätestens 2030 eine Solarpflicht für den Neubau von Wohn- und Nichtwohngebäuden einführen. Für Letztere gilt diese Pflicht auch bei größeren Sanierungs- und Umbaumaßnahmen. Allerdings dürfen die Länder solche Immobilien davon ausnehmen, bei denen eine Fotovoltaikanlage technisch unmöglich oder wirtschaftlich unsinnig ist. In Deutschland haben einige Bundesländer und Kommunen bereits ähnliche Vorgaben eingeführt. So müssen etwa in Berlin nahezu alle Bauherren auf neuen Dachflächen – falls sinnvoll – Fotovoltaikmodule installieren.

Deutsches Gebäudeenergiegesetz braucht Novelle.

Die neuen EU-Vorgaben treten erst in Kraft, wenn die Mitgliedsstaaten sie in ihr nationales Recht überführt haben. Für Deutschland bedeutet das: Die vor einigen Monaten intensiv diskutierte Neufassung des Gebäudeenergiegesetzes, auch Heizungsgesetz genannt, muss ein weiteres Mal überarbeitet werden. Weil die EU mit der Richtlinie dafür enge Grenzen setzt, dürfte dies jedoch geschmeidiger geschehen als bei der vorigen Novellierung des Gesetzes.