Weil Know-how ebenso wichtig ist wie Geld

Zwei M&A-Transaktionen in einer Nacht: Wie die beiden Dentalfachhändler dental bauer und Pluradent mit Hilfe von LBBW M&A zusammenfanden.

Zwei Ingenieure installieren Technik in Zahnarztpraxis

Es juckte sie in den Fingern. Jochen G. Linneweh und sein Sohn Jörg Linneweh sahen deutlich, dass es nicht rund lief beim Konkurrenten Pluradent. Und sie hatten genaue Vorstellungen, was zu tun wäre, um den Dentalfachhändler wieder auf Kurs zu bringen. Die Linnewehs liebäugelten mit dem Gedanken, den Wettbewerber zu übernehmen. Kein absurder Gedanke, da Pluradent der Insolvenz entgegen taumelte – der zweiten innerhalb von zwei Jahren.

Jörg und Jochen G. Linneweh sind als geschäftsführende Gesellschafter von dental bauer selbst Dentalfachhändler. Das Tübinger Unternehmen ist weit mehr als nur Fachhändler für Bohrer und Spritzen. dental bauer begleitet und berät Zahnärzte und -ärztinnen, wie sie ihre Praxis modern und funktional auf Kundenbedürfnisse ausrichten – digitale Abläufe inklusive. Auf 28 Standorte in vier Ländern verteilen sich die mehr als 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des 1948 gegründeten Unternehmens. dental bauer geht es finanziell gut, aber als mittelständisches Unternehmen stößt es bei der Übernahme eines ähnlich großen Wettbewerbers an Grenzen, insbesondere auch vor dem Hintergrund der finanziellen Sondersituation des Targets. Also die Gedankenspiele begraben? An dieser Stelle kommen der Finanzinvestor Aurelius und LBBW M&A ins Spiel.

Geld ist da. Woher das Know-how nehmen?

Aurelius wusste ebenfalls von den Schwierigkeiten, in denen Pluradent steckte. Der europaweit tätige Finanzinvestor fokussiert sich auf Unternehmenstransaktionen, bei denen mehr gefragt ist als eine Finanzspritze. Um Pluradent wieder flott zu bekommen, das war Aurelius schnell klar, brauchten sie Branchen-Know-how. Sie brauchten Jörg und Jochen G. Linneweh und das dazugehörige Team von dental bauer.

Wir nutzen unser Know-how, um beide Unternehmen unter einem Dach so richtig nach vorn zu bringen.

Jörg Linneweh, geschäftsführender Gesellschafter von dental bauer

„Wir hatten dieselbe Vision wie die Herren Linneweh: ein starkes Unternehmen zu bilden, das seine Größenvorteile als Dentalfachhändler optimal ausspielen kann“, sagt Franz Woelfler, Managing Director bei Aurelius. So begann eine Transaktion, die aufgrund des Zeitdrucks allen Beteiligten durchaus schlaflose Nächte bereitete. Der Plan: Aurelius kauft nicht nur Pluradent, sondern beteiligt sich auch an dental bauer – und das gleichzeitig. Jochen G. Linneweh und Jörg Linneweh führen gemeinsam mit der Geschäftsleitung von dental bauer die beiden Unternehmen. Dazu gehört die strategische Neuausrichtung von Pluradent sowie das operative Weiterführen von dental bauer. Nach erfolgter Integration, so der Plan, zieht sich Jochen G. Linneweh aus dem operativen Geschäft zurück und überträgt Jörg Linneweh und der Geschäftsleitung von dental bauer seine Aufgaben für die gesamte Gruppe.

Die LBBW als Klammer für transformatorisches M&A

Die Rolle von LBBW M&A: Vater und Sohn Linneweh bei der Suche nach einem Partner für dental bauer zu beraten. Und gleichzeitig sowohl den Linnewehs als auch Aurelius beim Kauf von Pluradent beizustehen. „Wir waren die Klammer für beide Teile der Transaktion“, sagt Martin Steidle, Berater bei der LBBW M&A. Ihm war wie allen anderen Beteiligten klar: Wenn nicht beide Transaktionen klappen, fällt alles auseinander.

Der Zeitplan war straff: Ende April 2022 ging es los, bereits im Juni sollten alle Verträge unterschrieben sein. Die M&A-Experten der LBBW mussten den Kauf von Pluradent prüfen und zeitgleich die Aufnahme des Partners für dental bauer umsetzen. „Vorarbeiten gab es kaum“, erinnert sich Steidle. Innerhalb von sechs Wochen wurde die gesamte Due Diligence erledigt. „Diese Phase war definitiv herausfordernd, auch für uns“, erinnert sich Jörg Linneweh. „Wir haben uns selbst viel abverlangt. Unsere grundsätzlich transparente Kommunikation auf Führungsebene bewirkte bei unseren Kollegen, auch bei diesem Projekt, höchste Motivation und dynamisierte die Transaktion zusätzlich.“ Parallel wurden Shareholder Agreements entwickelt und unterzeichnet, ebenso neue Geschäftsführerverträge. „Da haben wir erlebt, wie extrem agil das Team von LBBW M&A vorgeht“, lobt Jörg Linneweh. Er und sein Vater beteiligten sich am Erwerbsvehikel, um zugleich Co-Eigentümer von Pluradent zu werden.

Der Zeitplan für diese Transaktion war straff, wir mussten die gesamte Due Diligence innerhalb von sechs Wochen erledigen.

Martin Steidle, Berater bei LBBW M&A

„Alle haben brutal hart gearbeitet in diesen Wochen“, erinnert sich LBBW-Experte Steidle. Eine weitere Herausforderung: Es gab Wettbewerb um Pluradent und damit das Risiko, dass Aurelius nicht zum Zuge kommt. „Wir mussten uns in den wesentlichen Punkten besser als die Wettbewerber positionieren“, sagt Steidle.

Nach der Transaktion geht’s dynamisch weiter

Der Plan ging auf: Beide Verträge wurden im Juni 2022 in derselben Nacht unterschrieben. „Wir waren um 6 Uhr morgens die ersten Gäste im Bayerischen Hof und haben auf das Signing angestoßen“, sagt Martin Steidle. Danach begann der zweite Teil der Aufgabe: die Sanierung von Pluradent. Die ist jetzt angelaufen. Derzeit kommen die beiden Unternehmen zusammen auf rund 250 Millionen Euro an Umsatz, der soll organisch und durch Buy & Build auf über 500 Millionen Euro steigen.

„Diese Ziele sind ambitioniert, aber realistisch“, sagt Jörg Linneweh. Der Junior-Chef kann daher nur lachen, wenn er gefragt wird, ob er in der Partnerschaft mit Aurelius bei dental bauer überhaupt noch etwas zu sagen habe im Unternehmen. „Wir nutzen unser Know-how, um beide Unternehmen unter einem Dach so richtig nach vorn zu bringen“ sagt Linneweh, „durch Aurelius ist da eine tolle Dynamik reingekommen, die wollen – und werden – wir nutzen!“