Die Suche nach einem Impfstoff gegen den Corona-Virus könnte nach Einschätzung der LBBW für die Pharmabranche zum teuersten Investment aller Zeiten werden. „Mittlerweile flossen mehr als 7 Milliarden Dollar in die Entwicklung. Deutlich mehr als normalerweise“, sagt Dominik Jasinski, Sektorspezialist für die Healthcare- und Pharmabranche im Unternehmenskundengeschäft der LBBW. Rund 800 Millionen Euro sind seinen Erfahrungen nach normalerweise notwendig, um einen neuen Wirkstoff zu entwickeln.
Rekordverdächtig ist zugleich das wirtschaftliche Potenzial, das ein erfolgreich entwickeltes Medikament für die überwiegend als Aktiengesellschaften geführten Pharmariesen hat. Für Dominik Jasinski steht „ein Umsatzpotenzial von 300 bis 350 Milliarden US-Dollar im Raum“. Realistisch sei anzunehmen, dass schließlich von den verschiedenen zugelassenen Medikamenten jährlich 1 Milliarde Dosen zu etwa 40 Dollar verkauft werden, also 40 Milliarden Dollar Umsatz pro Jahr. Ein einziges Blockbuster-Medikament werde es nicht geben.
Für Dominik Jasinski ist bei dieser Pandemie nicht nur der Virus neu, sondern auch der eingeschlagene Weg zu seiner Bekämpfung. „Hier erleben wir etwas völlig Neues in der Pharmabranche. Weltweit werden Forschungsergebnisse und Fortschritte, aber eben auch Sackgassen in der Forschung, Rückschläge untereinander geteilt. Es ist mehr ein Miteinander als ein Gegeneinander. Es herrscht eine extreme Solidarität unter den Forschern.“ An einem Wirkstoff gegen COVID-19 forschen neben den großen Pharmakonzernen Pfizer, Johnson & Johnson, Sanofi oder Novartis auch kleinere Unternehmen wie Eleva in Freiburg, Janssen Vaccines oder die Tübinger Curevac.
Große Probleme bei Produktion und Verteilung
Die Entwicklung eines Wirkstoffes sei für die Unternehmen dabei eher ein kleines Problem, glaubt der Sektorexperte der Bank. „Viel gravierender werden die Sorgen, wenn es um die Produktion und um die Verteilung, um die konkrete Impfung, geht.“ Manche Impfstoffe müssen in einem eingefrorenen Zustand ausgeliefert werden. Aber nur gut zwei Dutzend entwickelte Länder mit einer Gesamt-Bevölkerung von rund 2,5 Milliarden Menschen besitzen dafür ausgebaute Lieferketten, warnt Jasinski: „Was ist mit restlichen zwei Drittel der Welt in Asien, Afrika und Südamerika?“
Die LBBW gehört im Unternehmenskundengeschäft und Corporate Finance zu den führenden Banken in Deutschland. Der Bereich Pharma und Gesundheitswesen gehört zu den erklärten Wachstumsbranchen der Bank. Alleine im ersten Halbjahr des laufenden Jahres konnte die LBBW ihr Nettoexposure in diesem lukrativen Wirtschaftszweig um 5 Prozent auf 4,7 Milliarden Euro ausbauen.