Nach Beobachtung der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) wählen Großunternehmen und Mittelständler für die Finanzierung von Firmenübernahmen eine immer breitere Mischung aus Fremd- und Eigenkapitalinstrumenten. Zudem setzen sie auf Anleihen oder Schuldscheine mit immer längeren Laufzeiten, stellt das LBBW Research in einer aktuellen Studie fest. Beim deutschen Mittelstand sei dabei besonders der Schuldschein gefragt, weil er eine Kapitalaufnahme mit einem vergleichsweise kleinen Volumen ermögliche, urteilt der Autor der Studie, Martin Dresp. Aber auch Großkonzerne setzten verstärkt auf die Anleihealternative.
Seit dem Ausbruch der Finanzkrise 2009 hat sich der Markt für Fusionen und Übernahmen in Deutschland kontinuierlich erholt und konnte zuletzt neue Rekorde verzeichnen. Hinter dem Aufwärtstrend am M&A-Markt stehen volle Kassen bei den Unternehmen, aber auch anhaltender Anlagedruck für Finanzinvestoren sowie weiterhin historisch günstige Finanzierungsbedingungen. Globale Entwicklungen wie die Digitalisierung erhöhen für Unternehmen dabei den Handlungsdruck. Vor diesem Hintergrund hatte das LBBW Research im Vorjahr erstmals die größten deutschen Übernahmefinanzierungen unter die Lupe genommen.
Die Fortschreibung der Studie zeigt nun interessante Veränderungen: „Trotz der verbesserten Liquiditätsausstattung der Unternehmen ist der Einsatz von Barmitteln beim Unternehmenskauf nicht deutlich angestiegen“ resümiert Martin Dresp. „Vielmehr hält der Trend zu einem Finanzierungsmix weiter an.“
Der Konsortialkredit dient als Fundament
Um eine Übernahme zu finanzieren, setzen Unternehmen in der Regel auf Fremdkapital. Eigenkapital wie hohe Kassenbestände oder Erlöse aus Kapitalerhöhungen wird seltener genutzt. Für einen Großteil der Transaktionen dient der Konsortialkredit als Finanzierungsfundament. Im Durchschnitt wurde in den vergangenen Jahren mehr als zwei Drittel des Transaktionsvolumens erst einmal über kurzfristiges Fremdkapital gedeckt. Aber auch bei der endgültigen Finanzierung dominiert das Fremdkapital. Mehr als 80 Prozent des mittel- und langfristig aufgenommenen Kapitals wurde mit Anleihen, Konsortialkrediten und Schuldscheinen finanziert. Dabei zeigt sich in jüngster Zeit bei Anleihen und Schuldscheinen eine klare Entwicklung weg von kurzfristigen hin zu mittel- und langfristigen Laufzeiten. Die Unternehmen wollen sich damit vermutlich die historisch niedrigen Zinsen sichern, da zum Jahresende mit den ersten Schritten der EZB zum Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik gerechnet wird.
Rund die Hälfte der insgesamt 87 Milliarden Euro, die in den analysierten Transaktionen als Fremdkapital aufgenommen wurden, wurde über Anleihen besorgt. 9 Milliarden Euro davon entfielen auf Schuldscheine. Besonders für mittelständische Unternehmen sind Schuldscheine eine attraktive Finanzierungsmöglichkeit und können als Alternative zur Anleihe gesehen werden. Der wachsende Schuldscheinmarkt lässt sich unter anderem auf die weiterhin niedrigen Zinsen und auch eine stabile Konjunktur in Europa zurückführen. Daneben sank in den vergangenen Jahren das Durchschnittsvolumen von Konsortialfinanzierungen, was für eine zunehmende Nachfrage aus dem breiten Mittelstand spricht.
Die hohe Bedeutung von Fremdkapital bei der Finanzierung von Übernahmen könnte in Zukunft sinken, falls die Preise für übernommene Unternehmen dank der hohen Nachfrage weiter anziehen. So stiegen die gezahlten EBIT-Multiples im vergangenen Jahr von 12,4 auf 13,2. „Damit könnte sich die Bedeutung von Eigenkapitalmaßnahmen wie Kapitalerhöhungen in der Unternehmensfinanzierung zunehmend erhöhen und den Anteil von Fremdkapital drücken“, sagt Martin Dresp. Dafür spricht das Ziel der Unternehmen, das Bonitätsrating möglichst stabil zu halten.Mit Hilfe einer ausgewogenen Mischung aus Eigen- und Fremdkapital hatten selbst Milliardenübernahmen in der Vergangenheit oft keinen Einfluss auf das Rating.
Den LBBW-Blickpunkt „Akquisitionsfinanzierung“ können Sie unter folgender Adresse herunterladen: