12.02.2020

Geldpolitik scheitert am demographischen Wandel

Pressemitteilung

Sind die Zinsen als Folge der Geldpolitik gering, legen besonders ältere Menschen ihr Geld lieber zurück. Deshalb hemmen Niedrigzinsen besonders in Gesellschaften mit einer hohen und noch steigenden Lebenserwartung den Konsum unter Umständen deutlich – und führen so möglicherweise die Geldpolitik ad absurdum. Das zeigt die aktuelle Studie „Demographische Alterung und Niedrigzinsen“ des LBBW Research. Sie vergleicht die aktuelle Situation in Europa mit der in Japan vor 15 Jahren.

Der Einbruch der Inflationsraten, das Absinken des Rentenniveaus sowie der massive Rückgang der Zinserträge sind Gemeinsamkeiten der Wirtschaftsräume Japan und Europa. „Allerdings stand Japan bereits vor 15 Jahren da, wo sich Europa heute befindet“, sagt LBBW-Analyst Matthias Krieger. Die aktuelle Studie der LBBW nimmt vor allem zwei Faktoren in den Fokus: die demographische Entwicklung und das niedrige Zinsniveau.

Ähnlich wie die Deutschen investieren auch in Japan vor allem ältere Menschen gerne in sichere Anlagen und scheuen gewinnträchtigere, aber auch risikoreichere Anlageformen. Diese Tendenz hat sich durch die Niedrigzinspolitik nicht geändert, obwohl es auf lange Sicht vernünftiger wäre, in Aktien zu investieren. Zentralbanken verfolgen mit einer Niedrigzinspolitik vor allem das Ziel, die Investitionstätigkeit in der Wirtschaft zu beleben. Besonders in rasch alternden Gesellschaften wie in Japan und Europa erreichen sie aber im Extremfall sogar das Gegenteil.

Prognose für Deutschland

Aus dem Vergleich zwischen der Entwicklung in Japan vor 15 Jahren und dem heutigen Europa zieht das LBBW Research eine wenig erfreuliche Prognose für die kommenden Jahre: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir in Deutschland auch in den nächsten Jahren geringe Wachstumsraten, geringe Inflation und niedrige Zinsen haben werden“, sagt Analyst Dr. Guido Zimmermann.

Finanzierungslücken schließen

Aus Fernost kommt darüber hinaus noch ein zweites Warnsignal. Aufgrund der niedrigen Zinsen und der ältesten Bevölkerung der Welt leidet Japan an einer Finanzierungslücke in der Altersvorsorge. Während die Zahl der Erwerbstätigen seit 2010 massiv zurückgeht, können Rentenversicherungsträger nur geringe Zinserträge erwirtschaften. Diese sind aber für die Kostendeckung der Leistungen erforderlich. Das Kabinett von Ministerpräsident Shinzo Abe hat deshalb kürzlich beschlossen, das Renteneintrittsalter auf 70 Jahre anzuheben.

Die LBBW-Experten empfehlen für Deutschland ebenfalls die Erhöhung des Renteneintrittsalters sowie die Schaffung von Erwerbsanreizen und Förderungen für Frauen sowie ältere Menschen. Auch der Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten und die Senkung von Bildungskosten gehören in dieses Reformpaket.