Zukunft des Verbrenners - Welches Potenzial E-Fuels bieten

Ab 2035 soll der Verkauf neuer Verbrennungsmotor Modellen verboten sein. Die Bundesregierung möchte sich jedoch ein Hintertürchen offenhalten.

Autos im Stau

Die Zukunft des Verbrennungsmotors ist ungewiss. Anfang Juni stellte sich das EU-Parlament hinter einen Vorschlag der EU-Kommission und stimmte mehrheitlich für das Aus für neue Verbrenner ab 2035. Da auch die EU-Mitgliedsstaaten an der Gesetzgebung beteiligt sind, wurde mit Spannung erwartet, wie sich die deutsche Bundesregierung zu dem Thema positioniert.

Ihre Entscheidung ist ein Kompromiss: Die Ampelregierung unterstützt verschärfte Flottengrenzwerte, die de facto das Verbrenner-Aus ab 2035 bedeuten. Allerdings unter der Bedingung, dass auch danach noch Verbrenner zugelassen werden können, deren Betrieb ausschließlich mit klimaneutralen E-Fuels erfolgt. Ob dieser Vorschlag umgesetzt wird, ist Gegenstand der anstehenden Verhandlungen der EU-Länder untereinander und mit dem Parlament.

Grund für das Ringen ist das Klimapaket „Fit for 55“. Damit hat die Kommission ein Bündel an Maßnahmen vorgelegt, um die ehrgeizigen Klimaziele der EU zu erreichen. Bis 2030 müssen die Emissionen um 55 Prozent gegenüber 1990 und bis 2050 sogar auf null sinken – so steht es im Europäischen Green Deal.

55 %

Um 55 % müssen die Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 reduziert werden.

Bestehende Tank-Infrastruktur mit E-Fuels weiter nutzbar

Ob E-Fuels eine echte Alternative zum Elektroauto sind, ist umstritten. Der große Vorteil des Ökosprits ist, dass durch seinen Einsatz jeder Benziner und Diesel sofort klimaneutral nutzbar ist. Denn der Treibstoff lässt sich wie gewohnt an der Zapfsäule tanken. Voraussetzung für eine umweltfreundliche Nutzung ist, dass die Herstellung der E-Fuels mit grünem Strom erfolgt, am besten aus Wasser-, Sonnen- und Windenergie. Daraus wird in mehrstufigen Verfahren zunächst Wasserstoff und anschließend flüssiger Kraftstoff produziert, der ähnliche Eigenschaften wie Benzin, Diesel oder Kerosin hat.

Der große Nachteil der E-Fuels ist ihre geringe Energieeffizienz. Durch die vielen einzelnen Arbeitsschritte entstehen bei der Herstellung hohe Wirkungsverluste. Von der eingesetzten Energie bleiben am Ende nur etwa 15 Prozent übrig. Bei einem Elektroauto sind es hingegen rund 80 Prozent der Ausgangs-Energie. Wirklich nachhaltig wären E-Fuels deshalb nur, wenn sie aus überschüssigem Wind- und Solarstrom hergestellt werden, den das Stromnetz nicht aufnehmen kann.

15 %

Nur 15 % der eingesetzten Energie bleiben bei E-Fuels nach den Arbeitsschritten erhalten.

Priorität für Flugzeuge und Schiffe

Wegen des schlechten Wirkungsgrads sehen Experten wie Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach, das Einsatzgebiet von E-Fuels zunächst nicht im Pkw, sondern vor allem in Flugzeugen und Schiffen. Denn für diese kommt ein Elektro- oder Brennstoffzellenantrieb nicht in Frage. Grund dafür ist, dass sie extrem große Batterien bzw. Wasserstofftanks mitführen müssten und so zu wenig Platz übrigbliebe. Kein Problem ist hingegen ein Betrieb mit synthetischem Kraftstoff, da dieser über ähnliche Eigenschaften wie Kerosin und Diesel verfügt. Über die Transformation hin zum nachhaltigen Fliegen haben wir vor Kurzem mit Dorothea von Boxberg, CEO von Lufthansa Cargo, in unserer Talking Transformation Videoreihe gesprochen.

Andere Fachleute, wie der ADAC-Technikpräsident Karsten Schulze, sind davon überzeugt, dass E-Fuels auch für Autos sinnvoll sind. Schließlich werden nach 2035 noch Millionen Verbrenner auf den Straßen unterwegs sein, deren Klimabilanz sich durch den Einsatz von Ökosprit verbessern lässt. Ohne synthetische Kraftstoffe wäre eine Dekarbonisierung dieser Flotten kaum möglich.

Andere Fachleute, wie der ADAC-Technikpräsident Karsten Schulze, sind davon überzeugt, dass E-Fuels auch für Autos sinnvoll sind. Schließlich werden nach 2035 noch Millionen Verbrenner auf den Straßen unterwegs sein, deren Klimabilanz sich durch den Einsatz von Ökosprit verbessern lässt. Ohne synthetische Kraftstoffe wäre eine Dekarbonisierung dieser Flotten kaum möglich.

Millionen Verbrenner sind auf deutschen Straßen unterwegs und haben noch eine lange Lebensdauer vor sich. Wenn die Klimaschutzziele im Verkehr erreicht werden sollen, braucht es eine Lösung für diesen Bestand.

ADAC Technikpräsident Karsten Schulze, adac.de, 14.04.2022

Weg zur Marktreife von E-Fuels ist noch weit

Aktuell ist eine flächendeckende Versorgung mit synthetischem Sprit noch weit entfernt. Die Produktion in kleinen Pilotanlagen führt dazu, dass der Literpreis derzeit bei etwa 4,50 Euro liegt. Durch eine Herstellung im großen Maßstab dürfte der Preis aber deutlich sinken. Optimistische Schätzungen gehen davon aus, dass der Liter grünes Benzin bereits 2030 nur noch einen Euro kosten könnte. Die Marktperspektive hängt nun stark davon ab, ob die EU auch nach 2035 noch den Betrieb neuer Verbrenner mit synthetischen Kraftstoffen zulässt.