Wohnst du noch – oder lebst du schon?

GdW-Präsident Axel Gedaschko in LBBW Standpunkt über die mangelnde Planungssicherheit für Bauherren, fehlenden Wohnraum, steigende Mieten - und deren Folgen.

GdW-Präsident Gedaschko geißelt Förderstopp für klimaneutrale Gebäude

Allen Unkenrufen zum Trotz ist der Anteil des Einkommens, der in Deutschland für das Wohnen ausgegeben wird, in den vergangenen Jahren rückläufig. Zahlte ein Durchschnittshaushalt vor rund zehn Jahren noch gut jeden dritten Euro seines Einkommens an den Vermieter, ist es laut Statistischem Bundesamt aktuell nur noch etwa jeder vierte Euro.

Dieser positive Trend dürfte sich in den kommenden Jahren umkehren. Denn seitdem die EU Wohnen als umweltschädlich – zumindest so, wie wir jetzt wohnen – anerkannt hat und mit dem Programm „Fit for 55“ Häusle-Inhabern ein Fit-mach-Programm ihrer Immobilien auferlegen will, ist eins klar: Um die europäische Wohnlandschaft CO2-neutraler zu gestalten, wird es Milliarden an Investitionen bedürfen.

Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, warnt: „Wenn das Wohnen durch den Klimaschutz immer teurer wird und diese Maßnahmen nicht entsprechend gefördert werden, wird sich ein großer Teil der Menschen in Deutschland das Wohnen künftig nicht mehr leisten können. Der soziale Frieden in Deutschland ist dadurch in Gefahr.“

Bauherren brauchen Planungssicherheit

So berechtigt die Anstrengungen in Sachen Klimaschutz im Sinne kommender Generationen sind: Das Problem ist aktuell die fehlende Planbarkeit. Während die EU „Fit for 55“ruft, hat die neue Ampelkoalition die KfW-Förderungen für klimafreundliches Bauen im Januar gestoppt und überarbeitet derzeit den gesamten Kriterienkatalog. Im besten Fall werden die Förderungen im März wieder aufgenommen – bis dahin liegen alle Planungen für klimafreundliche Immobilienprojekte auf Eis. Gedaschko betont: „Immobilienbesitzer arbeiten mit Hochdruck an der Umsetzung der Klimaziele und unterstützen die gesellschaftliche und politische Zielsetzung. Das große Problem besteht derzeit allerdings darin, dass die Ziele immer ambitionierter werden, während die notwendige Förderung nicht existiert oder auch noch Knall auf Fall gestrichen wird.“

Wenn das Wohnen durch den Klimaschutz immer teurer wird und diese Maßnahmen nicht entsprechend gefördert werden, wird sich ein großer Teil der Menschen in Deutschland das Wohnen künftig nicht mehr leisten können. Der soziale Frieden in Deutschland ist dadurch in Gefahr.

Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW

Nach Ansicht von Gedaschko, dessen Verband 3.000 Wohnungsgesellschaften in Deutschland vertritt, konterkariert der Förderstopp das Ziel der Bundesregierung, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen. „Wenn Förderungen für so ambitionierte Ziele gekürzt oder sogar ganz gestoppt werden, ist das schlicht und ergreifend unsozial“, sagt Gedaschko.

Förderstopp: Das Nachsehen haben Mieter

Angesichts der steigenden Kosten – Stichwort Baumaterialpreise, Handwerkerlöhne – werde es immer schwerer, bezahlbaren Wohnraum zu produzieren. „Bauherren sind die Leidtragenden“, sagt GdW-Präsident Gedaschko. „Sie versuchen, bezahlbare Wohnungen zu schaffen und zu erhalten, obwohl derzeit die Baukosten explodieren, es viel zu wenige Handwerker gibt und die energetischen Vorgaben immer strenger werden.“ Vor allem den sozial orientierten Wohnungsunternehmen in ganz Deutschland werde so leichtfertig ein Strich durch ihre Planungen gemacht. „Das Nachsehen haben dann Mieterinnen und Mieter mit geringen Einkommen, die auch heute schon angesichts steigender Kosten kaum noch eine bezahlbare Bleibe finden können“, warnt der Verbandspräsident.

Denn was die eingangs erwähnte Statistik nur im Kleingedruckten ausweist: Der Anteil der Miete in den unteren Lohn- und Einkommensgruppen liegt seit mehr als zehn Jahren konstant bei rund 50 Prozent. Für Gedaschko ist deshalb klar: „Es muss gefördert werden, was gefordert wird. Wenn man Mindesteffizienzstandards einführt, muss es deshalb gleichzeitig einen Rechtsanspruch auf Förderung geben. Eigentümern, die kein Eigenkapital besitzen, muss der Staat zudem eine Lösung anbieten, damit sie sanieren können, ohne ihr Eigentum zu verlieren.“

Wenn Förderungen für so ambitionierte Ziele gekürzt oder sogar ganz gestoppt werden, ist das schlicht und ergreifend unsozial.

Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW