Keine Angst vor einem Braindrain

Start-ups in Deutschland werden professioneller und ziehen damit Talente an. Gefragt sind Klimatechnologien und – trotz Kryptocrash – die Blockchain

Junger Mann und junge Frau sprechen miteinander in einem Start-up

369 Milliarden Dollar: Mit so viel Geld fördert die US-Regierung durch den Inflation Reduction Act innovative Unternehmen, die Technologien zum Klimaschutz erforschen. Wer von den Subventionen profitieren will, muss allerdings in den USA produzieren. Um Unternehmen vom Abwandern abzuhalten, will Europa mit einem eigenen Investitionsprogramm dagegenhalten. Doch erfahrungsgemäß dauert es eine gewisse Zeit, bis die Europäische Union (EU) zu Entscheidungen kommt. Auch wenn EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Februar ankündigte „schnell, ehrgeizig und zielstrebig den Weg zu weisen“.

Während das EU-Investitionsprogramm auf sich warten lässt, steigt die Befürchtung, Europa könnte im Wettlauf um die Zukunftstechnologien ein weiteres Mal abgehängt werden. So wie bei der Solar- und Windenergie, wo deutsche Pioniere ihren Startvorsprung nicht halten konnten. Bei Digitalisierung oder Künstlicher Intelligenz stolperte Europa schon immer hinterher. „Trotzdem sind die Ängste vor einem Braindrain unbegründet“, sagt Andreas von Richter, Managing Director von LBBW Venture Capital. Er hat täglich mit Start-ups zu tun, die mit überzeugenden technologischen Lösungen entweder Marktlücken besetzen oder Märkte gleich ganz umkrempeln wollen. Nichts mit „Go West“, im Gegenteil: „Für uns wird Europa und damit auch Deutschland immer interessanter.“

„Gründen ist cool“

Denn es bewegt sich etwas in Europa. „Gründen ist cool“, sagt von Richter. Längst sind es nicht nur Nerds, die nach ihrem Studium scheinbar spinnerte Ideen verfolgen. „Viele Gründerinnen und Gründer bringen heute zehn oder 20 Jahre Erfahrung aus der Industrie mit“, beobachtet von Richter. Entsprechend kompetent gehen sie an den Start. Diese Professionalität wiederum entfaltet oft eine magnetische Anziehungskraft. „Viele Talente gehen heute für ihren Berufseinstieg bewusst zu Start-ups“, sagt von Richter, „einfach, weil sie dort mehr bewegen können.“

Andreas von Richter erklärt die Zukunftstechnologie Blockchain

Die Kunst in unserer Branche besteht darin, den Trend rechtzeitig erkannt zu haben – bevor sich alle darauf stürzen.

Andreas von Richter, Managing Director von LBBW Venture Capital
Laechelnder Geschaeftsmann mit Tablet am Fenster

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Andreas von Richter unterhält sich täglich mit Gründerinnen und Gründern. Die Aufgabe von LBBW Venture Capital besteht darin, Start-ups zu unterstützen: mit Know-how, mit Kontakt und nicht zuletzt mit Geld. Damit aus einer guten Idee eine ebenso gute Firma wird – die sich erfolgreich am Markt etablieren kann. Etwa, weil die Idee den Klimaschutz vorantreibt. „Das Interesse an Climate-Tech-Unternehmen ist im Vergleich zu früheren Investitionsschwerpunkten gestiegen“, hält die Venture Capital Marktstudie 2022 der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC fest. Es ist nicht das erste Mal: Bereits vor einem Jahrzehnt hatten Start-ups mit Fokus auf CleanTech – wie es damals hieß – für großes Interesse gesorgt. Doch der Markt, der war noch nicht so weit.

Künstliche Intelligenz? Fast schon Alltag

Ein ähnliches Phänomen beobachtet Andreas von Richter derzeit in einem anderen Bereich: Aufgrund des Chatbots ChatGPT und dessen automatisiert generierten Texten ist das Thema Künstliche Intelligenz plötzlich sehr präsent. Schaut sich LBBW Venture Capital jetzt nach Start-ups mit vielleicht noch besseren Chatbots um? Andreas von Richter lacht: „Die Kunst in unserer Branche besteht darin, den Trend rechtzeitig erkannt zu haben – bevor sich alle darauf stürzen.“ Häufig liegen Venture-Capital-Gesellschaften falsch, dieses Risiko gehen sie ein. Beim Thema Künstlicher Intelligenz bleibt sein Puls ruhig: „Es gibt heute kaum noch eine Firma in Deutschland, die ohne Software funktioniert. Genau dasselbe wird man bald auch von Künstlicher Intelligenz sagen.“

Wenn Andreas von Richter von den Branchen spricht, für die sich LBBW Venture Capital interessiert – ob Biotechnologie oder Smart Food, Pharma oder Life Sciences – fast immer spielt Künstliche Intelligenz eine Rolle. Ihre Aufgaben sind sozusagen ins Geschäftsmodell eingepreist.

Jenseits von Kryptowährungen: die Blockchain

Fast noch spannender findet Andreas von Richter die Möglichkeiten der Blockchain, die er „noch längst nicht ausgeschöpft“ sieht. Wer nur auf Kryptowährungen schaue, verkenne das Potenzial. Alles, was durch Verträge festgelegt werden muss, könne durch die „Smart Contracts“ der Blockchain automatisiert, damit beschleunigt und vereinfacht werden. „Der Markt dafür ist riesig“, sagt der Managing Director von LBBW Venture Capital. Und? Hat er schon entsprechende Start-ups in seinem Portfolio? „Noch nicht“, gibt Andreas von Richter zu, „aber: Wir halten die Augen auf.“

17.36 Mrd. Euro

wurden 2021 in deutsche Start-ups investiert. Im Jahr darauf fiel der Wert laut Statista auf 9,86 Milliarden Euro – immer noch der zweitbeste Wert aller Zeiten.

Andreas von Richter erklärt die Zukunftstechnologie Blockchain

Andreas von Richter

Managing Director LBBW Venture Capital