25.09.2025
Thema des Quartals: Exportabhängigkeit in Baden-Württemberg
BW Quarterly | Der Anteil Baden-Württembergs an den Exporten Deutschlands liegt bei 15,6 %. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Automobilindustrie.


BW Quarterly Ausgabe Q3/2025
- Von: Dr. Guido Zimmermann, Strategy/Macro Research
- Von: Ana-Maria Schwirzenbeck, Research Associate Strategy/Macro Research
Deutschland führte im ersten Quartal dieses Jahres Waren im Wert von 395,4 Mrd. Euro aus und bleibt damit eine führende Exportnation. Allein Baden-Württemberg trug 61,5 Mrd. Euro dazu bei, was einem Anteil von rund 15,6 % entspricht. Damit liegt der Anteil des Bundeslandes knapp unter dem 20-jährigen Durchschnitt von 15,8 %. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Automobilindustrie. Kraftwagen und Kraftwagenteile sind Deutschlands bedeutendste Warengruppe im Außenhandel und machten im Jahr 2024 mehr als ein Sechstel der Gesamtexporte aus. Kraftwagen sind mehrspurige Kraftfahrzeuge wie Pkw und Lkw, nicht aber Motorräder und ähnliches. Baden-Württemberg, die Wiege der Automobilindustrie, zeigt traditionell eine besondere Stärke in diesem Sektor: Im Mai 2025 entfielen rund 21,8 % der Exporte des Landes auf die Warengruppe Kraftwagen und Kraftwagenteile. Das unterstreicht die zentrale Bedeutung der Automobilbranche sowohl für die regionale Wirtschaft als auch für den deutschen Außenhandel insgesamt.
Diese Exportstärke bringt aber auch eine starke Abhängigkeit von den globalen Märkten mit sich. Die sogenannte Exportelastizität, also die Sensitivität der Exporte gegenüber dem globalen Wirtschaftswachstum, lag nach unseren Berechnungen in den vergangenen fünf Jahren im Durchschnitt bei 1,3. Das bedeutet, dass ein weltwirtschaftliches Wachstum von 1 % die Exporte Baden-Württembergs um 1,3 % steigen lässt. Zum Vergleich: Deutschland insgesamt weist eine Exportelastizität von 1,5 auf, ohne Baden-Württemberg liegt der Wert lediglich bei 0,9. Das zeigt, dass Baden-Württemberg besonders sensibel auf weltweite Konjunkturschwankungen reagiert – mit größeren Chancen in Wachstumsphasen, aber auch höheren Risiken bei Abschwüngen.
Abb.1: BW-Exporte nach Zielland in Prozent
Diese besondere Exportsensitivität wird durch die Struktur der badenwürttembergischen Wirtschaft verstärkt. So gingen im Mai 2025 mehr als die Hälfte der Ausfuhren an nur acht Handelspartner (Abb.1), darunter die USA und China als wichtigste außereuropäische Märkte. Die USA bleiben mit einem Anteil von 11,5 % der wichtigste Absatzmarkt, obwohl die protektionistische Handelspolitik unter Donald Trump zu erheblichen Herausforderungen führt. Besonders betroffen sind exportstarke Sektoren wie die Automobilindustrie, der Maschinenbau und die Pharmaindustrie (Abb.2), die zusammen mehr als die Hälfte des Exportwerts des Bundeslandes ausmachen. Doch auch strukturelle Entwicklungen im Inland belasten die Exportstärke des Landes. Baden-Württemberg kämpft mit einer Produktivitätsschwäche wie in einem Blickpunkt des LBBW Research aufgezeigt, die sich in den Handelszahlen widerspiegelt. 2024 fielen die Exporte um 3,7 %, die Importe um 4,1 %, und auch das erste Quartal 2025 zeigt mit einem Rückgang der Exportzahlen von 0,1 % gegenüber dem Vorjahresquartal keine Erholung.
Abb.2: Exporte BW nach Warengruppe
Im Mai 2025
Produkt | Exporte (in Tsd. Euro) |
---|---|
Kraftwagen und Kraftwagenteile | 4.315.567 |
Maschinen | 3.726.248 |
Pharmazeutische und ähnliche Erzeugnisse | 1.929.953 |
Datenverarbeitungsgeräte, elektr. u. opt. Erzeugn. | 1.477.205 |
Elektrische Ausrüstungen | 1.326.251 |
Metalle | 1.159.775 |
Chemische Erzeugnisse | 969.406 |
Sonstige | 4.892.590 |
Die regionale Exportabhängigkeit ist also Fluch und Segen zugleich. Einerseits ermöglichen Wachstumsphasen weltweit deutliche Umsatzsteigerungen. Andererseits zeigt die hohe Exportelastizität die Verwundbarkeit Baden-Württembergs gegenüber handelspolitischen Unsicherheiten und globalen Konjunkturzyklen. Vor allem die starken Verflechtungen mit den USA verdeutlichen diese Abhängigkeit. Um die langfristige Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit Baden-Württembergs zu sichern, ist daher eine stärkere Diversifizierung sowohl im Binnenmarkt als auch bei den internationalen Handelspartnern nötig.
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