04.09.2019

Unerreichbar oder plötzlich erschwinglich? Der Standort macht’s!

Pressemitteilung

Wer mit dem Kauf einer Immobilie liebäugelt, befindet sich in einem Wechselbad der Gefühle: Rekordtiefe Hypothekenzinsen verlocken zum Kauf. Gleichzeitig sind aber die Immobilienpreise rasant gestiegen. In einer aktuellen Studie kommt das LBBW Research zu dem Schluss, dass der Standort darüber entscheidet, ob eine Immobilie in den vergangenen Jahren erschwinglicher geworden ist oder nicht.

Seit 2003 haben sich Immobilien in Deutschland deutlich verteuert. Dabei kletterten die Preise für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser um 64 Prozent bzw. 60 Prozent. „Der markante Anstieg besonders seit dem Jahr 2011 ist im Wesentlichen dem Zusammenspiel aus starkem Bevölkerungswachstum, geringen Baukapazitäten und einer lockeren Geldpolitik der EZB geschuldet“, urteilt LBBW-Analyst Martin Güth in seiner aktuellen Studie. Besonders sticht dabei der Preisanstieg in den sieben größten Städten hervor. Hier verteuerten sich Eigentumswohnungen seit 2010 um 94 Prozent.

Auf der anderen Seite wurde die Finanzierung von Immobilien durch die Niedrigzinsen erschwinglicher. Im Jahr 2009 war der Anteil der Zinszahlungen für Wohnungsbaukredite der privaten Haushalte mit 3,0 Prozent des Einkommens noch doppelt so hoch wie Ende 2018. „Der Rückgang der Zinszahlungen ist fast vollständig auf den Rückgang der Zinssätze zurückzuführen“, so Güth. „Diese Entwicklung ist eine gute Nachricht für die Haushalte.“ Besonders seit Jahresbeginn sind die Hypothekenzinsen noch einmal kräftig ins Rutschen gekommen. Während Anfang des Jahres der Zinssatz für ein Darlehen im Schnitt noch etwa 1,5 Prozent betrug, sind mittlerweile auch Zinssätze von unter einem Prozent erreichbar. Das führt laut Güth dazu, dass – betrachtet man allein die Zinsbelastung – „sich der Kreditnehmer nun ein um 50 Prozent größeres Darlehen leisten kann“.

Der Standort ist entscheidend

Gestiegene Preise stehen also gesunkenen Zinsen gegenüber. Aber was überwiegt? „Es hängt vom individuellen Standort der Immobilie ab, ob die jährliche Zinsbelastung gesunken ist – oder ob der Anstieg der Immobilienpreise den Zinsrückgang überkompensiert“, erklärt Güth. So ist in Stuttgart die Zinsbelastung bei Eigentumswohnungen im Falle einer langfristigen Finanzierung um ca. 15 Prozent angestiegen. „Das liegt daran, dass sich die Preise für Eigentumswohnungen von 2011 bis 2018 mehr als verdoppelten“, erklärt Güth. In einer Stadt wie beispielsweise Essen war dagegen die Zinsbelastung 2018 geringer als noch 2011.

Schuldenfalle Zinsniveau

Aber aufgepasst: Ein niedrigeres Zinsniveau führt überraschenderweise dazu, dass Schulden langsamer abgetragen werden. Denn beim klassischen Annuitätendarlehen setzt sich die monatliche Rate aus Zins und Tilgung zusammen. „Mit sinkender Restschuld wird zwar der Anteil der Zinsen an den monatlichen Zahlungen zugunsten der Tilgung geringer. Wenn die Zinsen aber von vornherein niedrig sind, fällt dieser Effekt geringer aus“, zeigt Güth die Schuldenfalle auf. Daher müssen Käufer auf eine hinreichend hohe jährliche Tilgung achten, um zum Beispiel schuldenfrei in Rente gehen zu können. In früheren Zeiten mit einem Zinsniveau von 4 Prozent hatte ein 36-jähriger Kreditnehmer noch mit einer anfänglichen jährlichen Tilgung von 2 Prozent seine Immobilie mit 65 Jahren abbezahlt. Unterstellt man hingegen nur noch ein Zinsniveau von 1 Prozent über die komplette Laufzeit, so sind nun zumindest 3 Prozent Tilgung nötig. Wer um die 50 Jahre alt ist, sollte sogar Tilgungen von um die 6 Prozent anpeilen, um noch vor der Rente schuldenfrei zu sein.