01.02.2021

Deutschland muss in die Digitalisierung des Gesundheitssystems investieren

Pressemitteilung | Studie

Nach Einschätzung des LBBW Research hat die Corona-Pandemie große Schwächen im deutschen Gesundheitssystem offengelegt. Zugleich haben die Vorsichtsmaßnahmen vor dem Virus einen einzigartigen Digitalisierungsschub in vielen Bereichen ausgelöst – auch im Gesundheitswesen.

„Deutschland hat durch Corona die Chance, sein Gesundheitssystem für kommende Herausforderungen vorzubereiten und grundlegend zu verbessern. Die Digitalisierung ist dabei ein Schlüsselbaustein, um eine moderne Gesundheitsversorgung im 21. Jahrhundert aufzubauen“, sagt Timo Kürschner, Pharmaanalyst bei der LBBW. „In den vergangenen Monaten haben wir einen richtigen Innovationsschub beobachten können. Diesen Weg sollte Deutschland konsequent weitergehen und jetzt investieren – in KI und Big-Data-Analysen, in therapiebegleitende Apps, in elektronische Verordnungen, in die digitale Informationsweitergabe, in eine effiziente Telematikinfrastruktur und vor allem in Fachpersonal.“

Deutschland liege im internationalen Vergleich inzwischen soweit zurück, dass es selbst mit kräftigen Investitionen noch Jahre brauche, bis es auch nur eine durchschnittliche Digitalisierung erreiche, warnt Kürschner. Bereits vor zwei Jahren hatte die Bertelsmann-Stiftung dem Land in ihrem Digital-Health-Index einen schwachen vorletzten Platz zugewiesen. „Der Digitalisierungsgrad betrug damals gerade einmal 30 Prozent, während ein Drittel der untersuchten Länder Werte von 70 Prozent oder mehr erreichte“, sagt Kürschner.

Ein Problem im Kampf gegen die Pandemie war 2020 die langsame Informationsweitergabe, die viele Entscheidungen verzögerte. „Rückblickend kam der zweite Lockdown zu spät. Bereits ab Anfang Oktober stiegen die Fallzahlen, doch der Lockdown erfolgte erst Anfang November“, sagt Kürschner: „Corona ist zwar schnell, besonders die neuen Varianten, aber wir haben im Grunde die Technik, noch schneller zu sein.“ Der Experte verweist auf das DIVI-Intensivregister zur Erfassung der Behandlungskapazitäten in der Intensivmedizin: Dieses sei in nur zwei Wochen aus einem bestehenden System weiterentwickelt worden. Auch die Impfstoffentwicklung ließ sich deutlich beschleunigen. Vor Corona dauerte es im Durchschnitt 13 Jahre bis zur Zulassung. Jetzt waren es weniger als zwölf Monate.“

Das Bundesministerium für Gesundheit hat ein umfangreiches Maßnahmenpaket angekündigt. Dazu gehören unter anderem die Einführung von elektronischen Patientenakten und Rezepten sowie die Etablierung eines Forschungsdatenzentrums. „Das Wachstumspotenzial im Gesundheitssystem ist riesig – und der Markt wird jetzt verteilt“, zieht Kürschner Bilanz. Das Marktvolumen für digitale Produkte im Gesundheitssektor sieht die Unternehmensberatung Roland Berger 2025 bei 57 Milliarden Euro.

Die vollständige Studie von Timo Kürschner finden Sie unter
www.lbbw.de/studie-2021-digitalisierungsschub