- Notenbanken dürften 2015 individueller handeln
- DAX Ende nächsten Jahres bei 10 500 Punkten
- Euro sinkt bis auf 1,15 US-Dollar
- Ölpreis Ende 2015 bei 85 US-Dollar prognostiziert
Sieben Jahre nach ihrem Ausbruch haben zwar die ersten Länder die Finanzkrise überwunden. Die besseren Konjunkturdaten in Großbritannien und den USA werden nach Ansicht der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) im kommenden Jahr aber deutlich den Druck in anderen Ländern erhöhen, überfällige Reformen einzuleiten. „In vielen Ländern der Welt wird der Handlungsbedarf unübersehbar. Ein ‚einfach weiter so‘ wird 2015 nicht mehr ausreichen“, sagte Uwe Burkert, LBBW-Chefvolkswirt und Leiter des Research, bei der Vorstellung des Kapitalmarktausblicks der Bank in Stuttgart.
In unterschiedliche Richtungen werden sich auch die geldpolitischen Maßnahmen der großen Notenbanken entwickeln, erklärte Burkert: „Die britische und amerikanische Notenbank werden wohl bereits im ersten Halbjahr 2015 ihre Leitzinsen anheben. Die EZB und die japanische Notenbank werden hingegen ihren ultra-expansiven Kurs fortsetzen und vielleicht sogar noch ausweiten.“ Die EZB hat seit Juni 2014 ihre Geldpolitik massiv gelockert. So wurden zwei Leitzinssenkungen, zwei Kaufprogramme, negative Einlagezinsen und das längerfristige Finanzierungsgeschäft beschlossen.
In der Eurozone und Japan sieht Burkert die Politik in der Pflicht. „Frankreich und Italien müssen an Reformen arbeiten, denn ohne die zweit- und drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone wird eine nachhaltige Erholung des Währungsraums so gut wie unmöglich. In den USA und Großbritannien haben 2015 vor allem die Notenbanken eine schwere Aufgabe vor sich: Ihre Leitzinswende muss gut vorbereitet und kommuniziert werden, damit es nicht zu Verwerfungen an den Kapitalmärkten kommt.
Euro fällt auf tiefsten Stand seit 2003
Angesichts der Leitzinswende werden die angelsächsischen Anleiherenditen stärker steigen, als dies 2015 in der Eurozone der Fall sein sollte. Entsprechend werde die fortgesetzte Euroabwertung die Gemeinschaftswährung bis Jahresende auf 1,15 US-Dollar und damit den tiefsten Stand seit elf Jahren drücken, erwartet Burkert.
Für den Euroraum, insbesondere aber für die Exportnation Deutschland, hat die Euroschwäche auch ihre guten Seiten. Über die Abwertung der Gemeinschaftswährung dürften sich Exporteure freuen. „Hinzu kommt im Falle Deutschlands, dass die Unternehmen stark in den Wachstumsmärkten USA und China aktiv sind, was ihre Exporte zusätzlich ankurbeln sollte“, erwartet Dr. Jens-Oliver Niklasch, Konjunkturexperte im LBBW Research.
DAX bleibt auf Rekordjagd – 10 500 Punkte im Blick
Steigende Absatzerfolge und somit Gewinnzuwächse werden aber auch die Aktionäre erfreuen. Gestützt vom Niedrigzinsumfelds sieht das Research der LBBW den DAX nächstes Jahr ein neues Allzeithoch erreichen. „In der Summe sollten 2015 nicht nur die Gewinne, sondern auch das Gewinnwachstum zunehmen. Aus heutiger Sicht besitzen DAX und EuroStoxx 50 - anders als noch vor Jahresfrist - sogar deutlichen Bewertungsspielraum“, so Dr. Berndt Fernow, Aktienstratege im LBBW Research. Zum Jahresende 2015 erwartet das LBBW Research den Leitindex bei 10.500 Punkten. Der EuroStoxx 50 soll zugleich auf 3400 Punkte steigen.
Den Ölpreis sieht Dr. Frank Schallenberger, Leiter Rohstoffresearch der LBBW, hingegen mit schwächeren Tendenzen: „Einem üppigen Angebot steht eine schwächelnde Nachfrage gegenüber.“ Bis auf 85 US-Dollar je Barrel der Sorte Brent werde die Notierung deshalb bis Ende 2015 nachgeben, sollte die Nachfrage nicht dynamisch anziehen oder das globale Angebot reduziert werden. Verhalten bleibt seine Gold-Prognose. Auch für die kommenden Monate spreche wenig für eine zügige Erholung des Edelmetalls. Allenfalls im zweiten Halbjahr könnte die Bodenbildung in eine leichte Aufwärtsbewegung wechseln.
Die Rahmenbedingungen für eine fortgesetzte Erholung von Konjunktur und Aktienmärkten erscheinen den Analysten somit zwar günstig. Zugleich gibt es aber ein ganzes Bündel möglicher Risiken. Burkert zufolge gehören dazu die zahlreichen schwelenden geopolitischen Konflikte, die sich zu einem Flächenbrand entwickeln könnten. Ebenso gilt dies für den Beginn einer jahrelangen Deflation in der Eurozone, das so genannte Japan-Szenario. Sollten schließlich die Reformen in der Volksrepublik China für eine harte Landung der chinesischen Konjunktur sorgen, hätte dies auch deutliche Auswirkungen auf die umliegenden Schwellenländer und die deutschen Exporte. Gerade an den genannten Risiken sehe man, dass 2015 nicht nur für Notenbanken und Regierungen Grund zum Handeln besteht, sondern auch für Investoren, so Burkerts Fazit.