18.12.2025

Konjunkturelle Lage in BW: Fragile Erholung in der Strukturkrise

BW Quarterly | Die Stimmung der baden-württembergischen Unternehmen hat sich wieder eingetrübt.

Stadtansicht Stuttgart Schlossplatz
Stadtansicht Stuttgart Schlossplatz

BW Quarterly Ausgabe Q4/2025

  • Spürbar schlechtere Erwartungen
  • Stimmung der Industrie trübt sich wieder ein
  • BW 2026 mit 0,7 % Wachstum
  • Strukturwandel mutiert zu Strukturkrise
  • China-Schock 2.0 zu erwarten
  • Von: Dr. Guido Zimmermann Senior Economist

Die Stimmung der baden-württembergischen Unternehmen hat sich wieder eingetrübt. Das geht aus dem monatlichen L-Bank-ifo-Konjunkturtest hervor, mit dem die L-Bank das Geschäftsklima für die Gesamtwirtschaft Baden-Württembergs misst. Der Konjunkturtest spiegelt die Stimmung der Unternehmen in Baden-Württemberg wider. Der zugehörige Index (Abb. 1) fiel im November von -10 auf -13 Punkte und machte damit einen Teil der Erholung aus dem Vormonat wieder zunichte. Während die Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage nahezu unverändert negativ einschätzen, haben sich die Erwartungen für die kommenden Monate spürbar verschlechtert. Besonders deutlich zeigt sich die Stimmungsabkühlung in der Industrie und im Handel, wo die Unternehmen mit großer Skepsis in die nähere Zukunft blicken. Wir stufen die von uns für 2026 erwartete Erholung angesichts der Vielzahl der Probleme als fragil ein.

Abb. 1: L-Bank-ifo-Geschäftsklimaindex Baden-Württemberg

2020 bis 2025

Quelle: L-Bank, LBBW Research

Der L-Bank-ifo-Geschäftsklimaindex Baden-Württemberg wird monatlich auf Basis der Zahlen des ifo-Konjunkturtests und des GfK-Konjunkturklimas erstellt und umfasst sowohl eine Lage- als auch eine Erwartungskomponente.

So wie der Gesamtindex hat sich auch die Stimmung in der baden-württembergischen Industrie nach einer kurzen Erholung im Vormonat wieder eingetrübt. Der Geschäftsklimaindex für das verarbeitende Gewerbe liegt damit seit nunmehr eineinhalb Jahren ununterbrochen im zweistelligen Negativbereich. Die Industriebetriebe rechnen zudem damit, in den kommenden Monaten tendenziell Personal abbauen zu müssen.

Bei den L-Bank-ifo-Exporterwartungen der baden-württembergischen Industriebetriebe war im November ein deutlicher Rückschlag zu verzeichnen. Der entsprechende Indexwert fiel auf den niedrigsten Stand seit der Anfangsphase der Coronapandemie im Frühjahr 2020. Die starke Verunsicherung dürfte unter anderem mit der Chipkrise rund um den Halbleiterhersteller Nexperia zusammenhängen. Der Streit zwischen den Niederlanden und China wegen Nexperia führt seit Ende September zu Lieferkettenproblemen in der Autoindustrie.

Unsere Einschätzung für die Wirtschaftsleistung des Landes 2026 fällt vor diesem negativen Hintergrund weiter nüchtern aus. Das LBBW Research prognostiziert eine Veränderungsrate des realen BIP von 0,7 % (Deutschland 0,8 %). Damit zählt Baden-Württemberg 2026 zum unteren Drittel unter den zwölf betrachteten Bundesländern. Voraussetzung für eine Erholung ist, dass die Gegenwinde an Stärke abnehmen.

Abb. 2: LBBW-Konjunkturprognosen im Bundesländervergleich

Quelle: LBBW Research

Baden-Württemberg befindet sich in einer ausgewachsenen Strukturkrise. Das relativ schwache Abschneiden im Bundesländervergleich (Abb. 2) ist einer Vielzahl an Hemmnissen geschuldet: Dazu gehören die schlechte wirtschaftliche Entwicklung im wichtigen Exportland China, die schwierige grüne Transformation in der Automobilindustrie, die wirtschaftspolitische Unsicherheit durch die Bundespolitik mit daraus resultierender schwacher Inlandsnachfrage sowie die hohen Strompreise.

Der Strukturwandel durch die „3D-Transformation (Digitalisierung, Deglobalisierung, Dekarbonisierung) hat sich im vergangenen Jahr in eine Strukturkrise verwandelt, die inzwischen auch den Arbeitsmarkt negativ beeinflusst. Die Arbeitslosenquote lag im November zwar im Bundesländervergleich immer noch bei sehr niedrigen 4,5 %. Der Anstieg um 7 % im Jahresvergleich – nur Bayern hatte einen noch stärkeren Zuwachs zu verzeichnen – bereitet den Bürgern aber Sorgen : Die Angst vor einem Verlust des Arbeitsplatzes und die Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts greifen um sich.

Baden-Württemberg muss sich mit allen Kräften gegen die Abwärtskräfte stemmen und sich neu erfinden. Denn Deutschland und Baden- Württemberg insbesondere dürften in den kommenden Jahren einen „China-Schock 2.0“ erleben, da China zum größten Konkurrenten des heimischen verarbeitenden Gewerbes geworden ist. Es ist zu erwarten, dass China Europa perspektivisch mit seinen qualitativ hochstehenden Produkten zu sehr günstigen Preisen fluten wird – nicht zuletzt angesichts des Handelskriegs zwischen China und den USA. Das wird die Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe voraussichtlich weiter unter Druck setzen. Die Folgen des „China-Schocks 1.0“ für das verarbeitende Gewerbe der USA seit den 90er Jahren dienen als Mahnung. Baden- Württemberg muss versuchen, die Voraussetzungen für die Industrie zu verbessern: Dazu zählen niedrigere Energiepreise, ein geringerer Bürokratieaufwand, die Digitalisierung der Verwaltung und staatliche Hilfe beim Aufbau einer KI-spezifischen Infrastruktur.

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