02.05.2025
Schwarzarbeit in Deutschland
Die Schattenwirtschaft nimmt zu, bleibt aber noch immer moderat.


Anfang des Jahres hatte ich Ihnen einen Klartext zum Thema Bürgergeld serviert. Zweifellos eines der am stärksten emotional aufgeladenen wirtschafts- und sozialpolitischen Themen im Land. Meine Schlussfolgerung nach der Analyse der Datenlage war, dass die mancherorts geschürten Hoffnungen auf ein massives Einsparpotenzial durch eine Reform des Bürgergeldes unerfüllbar bleiben müssen. Dafür spricht nicht nur die Zusammensetzung der Bürgergeldempfänger, die typischerweise eben keineswegs aus Heerscharen von arbeitsfähigen Drückebergerinnen besteht: Sondern vor allem aus Menschen, die nicht arbeiten dürfen (Kinder, Jugendliche, ukrainische Flüchtlinge) oder können (Mangel an Qualifikation, Behinderung), oder eben Aufstockern, die tatsächlich arbeiten, aber zu geringfügig verdienen.
Jetzt hat sich die neue Koalition auf eine „Abschaffung“ des Bürgergelds geeinigt, wie die Kanzlerpartei triumphierend verkündete. Tatsächlich handelt es sich aber eher um ein Rebranding. Alter Wein in neuen Schläuchen. Denn auf ein geordnetes Verfahren zur Sicherung des Existenzminimums zu verzichten, wäre verfassungswidrig. Dazu hat Karlsruhe klar geurteilt .
Natürlich gibt es immer wieder Fälle von Sozialbetrug. Wie auch nicht bei Millionen von Empfängern? Den Missbrauch auf Kosten der Steuerzahler darf der Staat nicht einfach so hinnehmen. Wer zweifelt das schon an? Aber man muss auch die Kirche im Dorf lassen. Die geschätzten Kosten des Bürgergeldbetrugs belaufen sich im Jahr auf etwa 270 Millionen Euro (2022). Das ist viel. Es ist aber wenig im Vergleich zu den geschätzt 100 Milliarden Euro , die dem Fiskus jedes Jahr durch Steuerhinterziehung entgehen, etwa über Offshore-Konten, organisierte Steuervermeidung oder – ganz wichtig – Schwarzarbeit.
Deutschland bei Schwarzarbeit im Mittelfeld
Womit wir beim Thema wären. Selten bekam ich so viele Zuschriften wie zu dem Klartext über das Bürgergeld. Das hatte ich aber auch fast so erwartet. Der mit Abstand häufigste Einwand war, dass es ja schön und gut sei, dass man mit Arbeit immer mehr in der Tasche habe als ein Bürgergeldempfänger. Aber der Abstand sei zu klein. Deshalb nehme mehr ein, wer auf Bürgergeld plus Schwarzarbeit setze, als wer ehrlich seine 40 Stunden pro Woche zum Mindestlohn maloche. Das ist natürlich zutreffend. Aber es ist weniger ein Problem des Bürgergelds als der Schwarzarbeit. Und wer kann nicht aus dem weiteren Bekanntenkreis von haushaltsnahen Dienstleistungen berichten, die unter der Hand angeboten und genutzt werden? Natürlich kommt das nur bei anderen vor, nie bei einem selbst!
Aber wie groß ist das Problem wirklich? Die Antwort auf diese Frage ist notwendigerweise mit großer Unsicherheit behaftet, denn Schwarzarbeit lässt sich definitionsgemäß nicht messen, weil sie im Verborgenen stattfindet. Dennoch gibt es eine etablierte volkswirtschaftliche Forschung zum Thema, die das Ausmaß der Schwarzarbeit schätzt.
Abb. 1: Deutschlands Schattenwirtschaft
in % des offiziellen BIP
Abbildung 1 zeigt, dass es in Deutschland einen leichten Aufwärtstrend gibt beim Volumen von Schwarzarbeit. Als die Regierung 2023 das Bürgergeld einführte, gingen informelle Beschäftigungsverhältnisse nach oben. Die Forscher machen für den Anstieg der letzten Jahre die schlechte Wirtschaftslage verantwortlich. Dass das Bürgergeld die Schwarzarbeit befeuert habe, lässt sich deshalb nicht einwandfrei nachweisen
Abb. 2: Schwarzarbeit im internationalen Vergleich
2025, % des BIP
Das Problem von Schwarzarbeit ist zwar ein schwerwiegendes, aber in Deutschland nicht überdurchschnittlich präsent (siehe Abbildung 2). Schwarzarbeit ist illegal und muss bekämpft werden. Was aber auch bekämpft gehört, sind Verallgemeinerungen, die vermeintliches Hörensagen-Wissen generalisiert.

Schwarzarbeit ist illegal und muss bekämpft werden. Was aber auch bekämpft gehört, sind Verallgemeinerungen, die vermeintliches Hörensagen-Wissen generalisiert.
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