17.10.2025

Postkarte aus Washington, D.C.

Mit der Staatsverschuldung wachsen die Sorgenfalten.

Weisses Haus Washington DC Flagge
Weisses Haus Washington DC Flagge

Kraemers Klartext

Chefvolkswirt Dr. Moritz Kraemer

Es scheint, als seien die Regierungen weltweit von einer Pandemie der Verantwortungslosigkeit befallen.

Dr. Moritz Kraemer, Chefvolkswirt und Leiter Research

Herzliche Grüße aus dem sonnigen Washington, DC! Es ist mal wieder soweit: Jahrestagung von IWF und Weltbank, das große Treffen von Politik und Finanzwelt. Bevor sie fragen: Nein, es ist alles wie immer, auch wenn auf Geheiß des Präsidenten die Nationalgarde in der Hauptstadt patrouilliert. Neu ist allein die überdimensionale Flagge, die Donald Trump im Vorgarten des Weißen Hauses hat aufstellen lassen. Make America Great Again! Die Stadt ist genauso sicher oder unsicher wie vorher, und die beklagten Wohnsitzlosen gibt es auch noch – wo sollen sie auch hin. Und selbst das Gras in den Parks ist nicht grüner geworden, obwohl die Nationalgardisten auch für Gartenarbeiten abgestellt sind. Einzig außerhalb der Tagungsorte geht es ruhiger zu als sonst. Der Shutdown hinterlässt seine Spuren: Ohne Gehalt ist es nicht gut dinieren.

Vorsichtige Prognose des Währungsfonds

Ebenfalls wie immer legte der IWF auch in diesem Herbst seine vielbeachteten weltwirtschaftlichen Prognosen vor. Die Ökonomen des Fonds halten die wirtschaftspolitischen Unsicherheiten für so groß wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Ein Phänomen, das auch in Washington seine Ursache haben dürfte – in einem Haus mit riesiger Flagge davor. Dabei ist der IWF bemüht, Ross und Reiter nicht zu nennen. Im 186-seitigen Bericht zum Wirtschaftsausblick kommt das Wort „Trump“ kein einziges Mal vor.

Wie auch das LBBW Research beobachtet der Währungsfonds eine sich abschwächende wirtschaftliche Dynamik (auf 3,1 % für 2026). Die Risiken sehen die Washingtoner Ökonomen eher auf der negativen Seite. Und bei der Inflation könnten die Risiken zugleich eher höher ausfallen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Prognostiker solche Tendenzaussagen machen. In diesem Fall werde ich aber den Verdacht nicht ganz los, dass der IWF die Zahlen ein bisschen frisiert hat, um nicht den Zorn des größten Anteilseigners, der USA, auf sich zu ziehen.

Negativrisiken überwiegen

Das LBBW Research hat diesen Interessenskonflikt nicht, und deshalb sind auch unsere US-Prognosen etwas deutlicher. Wir sehen das Wachstum in den Staaten 2026 bei nur 1 % (der IWF sagt 2,1 %), und die Inflation dürfte nach unseren Berechnungen im Jahresdurchschnitt auf 3,5 % steigen (IWF: 2,5 %). Bei einem Wachstum von 2 %, wie vom IWF vorhergesagt, gäbe es keinerlei Grund für die Fed, die Zinsen weiter zu senken – was der Fonds aber erwartet. Und für steigende US-Inflationsraten gibt es gute Gründe, die der IWF auch alle darlegt. In den letzten Monaten stiegen die Preise für handelbare Güter immer schneller (siehe Abb. 1). Die Auswirkungen von Trumps Zollwut lassen sich immer weniger unter den Teppich kehren.

Abb. 1: US-Importpreise beginnen anzuziehen

monatliche Verände-rungsraten, %

Schulden, Schulden, Schulden…

Nicht nur in der fiskalpolitischen Sonderveröffentlichung des IWF ist das Thema Staatsverschuldung die zentrale Leitplanke. Auch in den zahlreichen Reden und Panels sowie den Gesprächen am Rande der Tagung kommt das Thema immer wieder zur Sprache. Meist mit tiefen Sorgenfalten auf der Stirn. Auch in diesem Punkt sind die USA ein besonderer Problemfall. Ihr Schuldenstand liegt heute schon bei mehr als 120 % des BIP, das (noch) unabhängige Budgetbüro des Kongresses (CBO) prognostiziert einen Anstieg auf 150 % innerhalb der kommenden Dekade. Nicht zuletzt befeuert durch die im „One Big Beautiful Bill Act“ untergebrachten permanenten Steuersenkungen. Vor dem Gesetz ging das CBO von „nur“ 141 % bis 2035 aus.

Auch außerhalb der USA ist das Problem ausufernder Staatsdefizite virulent (Abb. 2). Der IWF schätzt, dass die weltweite Staatsverschuldung bis 2029 auf mehr als 100 % der globalen Wirtschaftsleistung steigt. Das wäre das höchste Niveau seit 1948, als nicht zuletzt Krieg und Wiederaufbau zu hohen Schulden führten. Heute gelten solche mildernden Umstände nicht. Im Gegenteil: Eigentlich müssten die Regierungen jetzt einen haushaltspolitischen Puffer aufbauen, um den demografischen Übergang budgetär bewältigen zu können. Ein Problem fast aller Industrieländer. Nicht nur Deutschland wird immer älter und muss immer mehr für Rente, Gesundheit und Pflege berappen.

Abb. 2: Staatschulden

% des BIP

Quelle: IWF, LBBW Research

Es scheint, als seien die Regierungen weltweit von einer Pandemie der Verantwortungslosigkeit befallen. Zugegeben: Eine nachhaltige Konsolidierung ist angesichts der immer tiefer gespaltenen Gesellschaften vielerorts nicht eben leichter geworden. Das zeigt nicht zuletzt die verfahrene Situation in Frankreich gerade. Eines Tages aber wird der Zeitpunkt kommen, an dem die Kapitalmärkte die Regierungen zwingen werden zu handeln. Die Zinsen am langen Ende der Kurve sind bereits stark gestiegen. In der Zwischenzeit möge der Goldpreis als Temperaturmesser der Besorgnis dienen.

Von: Dr. Moritz Kraemer, Chefvolkswirt und Leiter Research

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