12.12.2025

Fed-Chef: Wir müssen über Kevin reden!

Was Trumps Favorit Hassett als Fed-Chef anrichten könnte.

Federal Reserve Building in Washington DC USA
Federal Reserve Building in Washington DC USA

Kraemers Klartext

Chefvolkswirt Dr. Moritz Kraemer

Trump wünscht sich nichts mehr zu Weihnachten, als endlich Zugriff auf die Geldpolitik zu erlangen.

Dr. Moritz Kraemer, Chefvolkswirt und Leiter Research

Wir müssen über Kevin reden. Keine Sorge, das wird keine späte Buchrezession zu Lionel Shrivers gleichnamigem Bestseller von 2003. Es soll vielmehr darum gehen, was die voraussichtliche Nominierung von Kevin Hassett zum Vorsitzenden der Federal Reserve, der US-Notenbank, bedeuten könnte. Denn Jerome „Jay“ Powell muss im Mai sein Amt als Fed-Chef abgeben. Und von allen Kandidaten, die in den vergangenen Monaten als Nachfolger kursierten, ist Hassett die politischste Wahl. Er ist ein langjähriger Weggefährte von Donald Trump, ein Loyalist, auf den sich der Präsident mehr verlassen zu können glaubt, als auf irgendjemanden sonst auf der Kandidatenliste.

Derzeit ist Hassett als Direktor des nationalen Wirtschaftsrats Teil des Kabinetts Trump. Ein Wechsel direkt aus dem Kabinett an die Spitze der Zentralbank ist, sagen wir mal, unorthodox. Aber Trump wäre nicht Trump, hielte er sich an Gepflogenheiten. Der US-Präsident hofft, mit Hassett jemanden an die Fed-Spitze zu setzen, der seinen Wunsch nach niedrigeren Zinsen endlich erfüllt. Und dazu scheint Hassett durchaus gewillt. In öffentlichen Verlautbarungen erklärt er schon mal, weshalb aus seiner Sicht Preisstabilität, höheres Wachstum und niedrige Zinsen miteinander harmonieren können: Schließlich stünden ja die preisdämpfenden Produktivitätsgewinne der Künstlichen Intelligenz unmittelbar vor der Tür.

Investoren sind beunruhigt

Institutionelle Investoren haben sich zu Trumps Favoriten bislang fast ausnahmslos enttäuscht bis besorgt gezeigt. Mit Hassett drohe eine Politisierung der Notenbank. Wenn die kurzfristigen Zinsen auf sein Betreiben hin zu schnell fallen sollten, könnte das Inflationssorgen nähren. Die Zinsen für länger laufende Staatsanleihen würden steigen, und Zweifel an der Nachhaltigkeit der immensen US-Staatsverschuldung könnten wieder in den Fokus rücken. Die Folgen wären schwer absehbar.

Und in diesem Kontext ist Shrivers Buch vielleicht doch nicht ganz ohne Relevanz. Im Roman richtet der Titelheld kurz vor seinem 16. Geburtstag ein Blutbad in einer Schule an. Zwar ist nicht zu befürchten, dass Kevin Hassett bei der Fed zur Waffe greift, aber es stellt sich schon die Frage, ob er ein metaphorisches Blutbad anrichten könnte, zerstörte er in Trumps Mission die Glaubwürdigkeit der Notenbank. Die Frage ist wichtig: Denn während im Roman nur die Familie in eine tiefe Sinnkrise stürzt, würde der Verlust einer berechenbaren Fed eine Krise für das gesamte Weltfinanzsystem bedeuten. Dagegen könnte die Finanzkrise von 2008 wie ein Spaziergang anmuten.

Die Fed ist gegen politische Einflussnahme gut geschützt

Meines Erachtens ist die Sorge übertrieben. Auch wenn sich Trump wenig mehr zu Weihnachten wünscht, als endlich Zugriff auf die Geldpolitik zu erlangen (nur der Friedensnobelpreis steht wohl noch weiter oben auf seinem Wunschzettel) – dieser Hebel wird nicht unter dem sicherlich opulent mit Goldzierrat geschmückten Weihnachtsbaum in Mar-A-Lago liegen. Das mag Trumpc erzürnen, aber der Rest von uns kann aufatmen!

Warum? Der Fed-Chair ist eine wichtige Rolle. Keine Frage. Aber er entscheidet die geldpolitische Ausrichtung ja nicht alleine. Darüber stimmt das sogenannte Federal Open Market Committee (FOMC) mit seinen zwölf Mitgliedern ab. Davon gehören sieben dem Direktorium im engeren Sinne an. Diese Direktoren nominiert der jeweils amtierende US-Präsident für eine 14-jährige Amtszeit. Einen jener Posten hält Trumps Wirtschaftsberater Stephen Miran gerade warm. Für ihn kann Hassett nachrücken. Ansonsten wird während Trumps Amtszeit nur ein weiterer Direktorenposten zu besetzen sein: der von Jay Powell im Januar 2028. Denn Powells Mandat als Präsident en-det zwar im Mai kommenden Jahres, aber er kann – so er denn will – als gemeines Mitglied des Gremiums weiter im Direktorium bleiben. Trumps Versuche, Fed-Direktorin Lisa Cook durch juristische Winkelzüge loszuwerden, werden aller Wahrscheinlichkeit nach scheitern. Und die übrigen fünf FOMC-Mitglieder außerhalb des Direktoriums ernennen die regionalen Fed-Zweig-stellen rotierend und nicht der US-Präsident.

Trump kann die Mehrheit also nicht kippen. Und die Mehrheit zeigte sich bei den jüngsten Sitzungen sehr geschlossen. Selbst Direktoren, die sich mehr oder weniger offen für Powells Nachfolge positioniert hatten, stimmten gemeinsam mit den anderen für kleine Zinsschritte. Die Markterwartungen zur künftigen Fed-Politik haben sich entsprechend stabilisiert (siehe Abb). Die Unabhängigkeit der Notenbank scheint nicht in Gefahr. Und das ist gut so. Eine amerikanische Zinspolitik à la Erdogan wäre nämlich ein Experiment, das wir alle nicht erleben wollen.

Abb.: Markterwartung US-Leitzins Ende 2026

(%, oberes Ende Zielkorridor)

Quelle: Bloomberg, LBBW Research

Von: Dr. Moritz Kraemer, Chefvolkswirt und Leiter Research

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