04.07.2025

Die EZB feiert (sich) in Portugal. Zurecht!

Die EZB hat es entgegen aller Unkerei geschafft: Sie hat die Teuerung wieder am 2 %-Ziel verankert.

Das Euro-Zeichen als Skulptur
Das Euro-Zeichen als Skulptur

Kraemers Klartext

Chefvolkswirt Dr. Moritz Kraemer

Im Juni wird die Inflation im Euroraum – wie übrigens auch in Deutschland – bei genau 2 % erwartet. Punktlandung!

Dr. Moritz Kraemer, Chefvolkswirt und Leiter Research

Lange habe ich darüber nachgedacht, was diese Woche das Thema des Klartextes sein soll. Dass Donald Trumps „großes und schönes Gesetz“ mit seinen gewaltigen Risiken für den Staatshaushalt und einer für uns kaum vorstellbaren Umverteilung von arm zu reich vor der Verabschiedung steht, war ein starker Kandidat. Auch die Hitzewelle und die sich abzeichnenden wirtschaftlichen Kosten der europäischen Dürre hätten es verdient, herausgehoben zu werden. Aber für letzteres Thema wird dieser Sommer vermutlich noch weitere Anlässe bieten.

2%-Inflationsziel erreicht!

Stattdessen habe ich ein erfreulicheres Thema ausgesucht: Die Europäische Zentralbank. Hat sie doch defätistische Kassandrarufe widerlegt, dass Europa nach dem Inflationsschock 2022 einer hartnäckigen, galoppierenden Inflation entgegensehe! Es ist der EZB offenbar gelungen, die Teuerung wieder am 2 %-Ziel festzuzurren: Im Juni wird die Inflation im Euroraum – wie übrigens auch in Deutschland – bei genau 2 % erwartet. Punktlandung! Im Mai lag sie sogar ein klein bisschen drunter. Ein guter Grund für die Notenbanker, diese Woche bei ihrem jährlichen geldpolitischen Seminar im lieblichen Sintra zu feiern.

Wir erwarten, dass die Preissteigerung im weiteren Jahresverlauf um die Marke von 2 % pendeln wird – sowohl in Deutschland, wie auch im Euroraum insgesamt. Auf den vorgelagerten Stufen ist der Preisdruck gering. Import-, Erzeuger- und Großhandelspreissteigerungen liegen nahe null. Die EZB kann sich auch darüber freuen, dass der Lohndruck weiter nachlässt. Der Lohnindikator der EZB lag im ersten Quartal 2025 bei 2,5 %. Niedriger war er zuletzt 2021. Das Thema Inflation beschäftigt die Bevölkerung immer weniger (siehe Abb. 1). Gott sei Dank!

Abb. 1: Relative Häufigkeit der Google Suche nach „Inflation“

Suchen in Deutschland

Quelle: Google Trends, LBBW Research

Die jüngste Aufwertung des Euro (siehe Abb. 2) hilft bei der Inflationsbekämpfung ebenfalls, weil sich dadurch Importe verbilligen. Während ich – wie die Ökonomenzunft insgesamt – vor dem Offenbarwerden von Trumps Brachialpolitik noch die Europarität zum Dollar für plausibel hielt, werden die Währungshüter langsam etwas nervös ob der Stärke des Euros. In Sintra war zu vernehmen, dass ein Wechselkurs von mehr als 1,20 USD ein Problem werden könnte. Ein zu starker Euro behindert die exportorientierte europäische Wirtschaft und dämpft Konjunktur und Preisdruck. Ein Unterschießen der Inflation könnte bei einer weiteren Aufwertung wahrscheinlicher werden. Dass bei der EZB überhaupt ausführlich über den Wechselkurs gesprochen wird, ist schon ein Zeichen an sich. Normalerweise versucht die Notenbank das Thema herunterzuspielen als nur einen Faktor von vielen, die sie für die Zinspolitik in Betracht zieht.

Alles in allem stützen die Diskussionen in Portugal unsere Erwartung,dass der Zentralbankrat noch ein letztes Mal die Zinsen senken wird, wahrscheinlich im September auf dann 1,75 %.

Abbildung 2: Euro-Dollar Wechselkurs

$/€

Quelle: EZB; LBBW Research

Blick zurück ohne Zorn

Dieses Jahr war in Sintra auch das gerade beendete „Strategy Review“ des Eurosystems Thema. Darin analysierten die Spezialisten der EZB und der nationalen Notenbanken, was sie geldpolitisch besser machen könnten. Zum Teil schwer zugängliche Prosa füllt dazu nun viele, viele Seiten. Am Ende wirkt es aber so, als glaubten die Notenbanker, alles richtig gemacht zu haben. Da ist was dran, und ich würde mich in die Schlange der Gratulanten durchaus einreihen wollen. Ein klein wenig Selbstkritik bezüglich der in der Rückschau doch eher überdimensionierten Anleihekaufprogramme hätte ich mir aber schon gewünscht. Aber solche Krittelei hätte die gute Stimmung bei Bacalhau, Vinho Verde und Pastéis de nata wohl nur gestört.

Von: Dr. Moritz Kraemer, Chefvolkswirt und Leiter Research

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