09.05.2025
Neue Regierung, neue Hoffnung
Bundeskanzler Merz ist zum Erfolg verdammt, und es könnte klappen!


Jetzt ist erstmal alles in trockenen Tüchern. Nachdem die SPD-Mitglieder mit einer ordentlichen Wahlbeteiligung und einer geradezu sowjetischen Mehrheit von 85 % für den Koalitionsvertrag gestimmt hatten, wurde diese Woche nun, etwas holprig zwar, der neue Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und das Kabinett seiner schwarz-roten „Blackrot“-Koalition vereidigt. Nun gilt es, rasch die politische Stagnation zu überwinden, die seit dem Ampelkollaps eingetreten ist. Die präzedenzlose und peinliche Panne bei der Kanzlerwahl wie auch die jüngste Einordnung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ durch den Verfassungsschutz fesseln die beiden Koalitionäre noch alternativloser aneinander als zuvor. Auch die letzten Phantasien einer unionsgeführten und von der AfD tolerierten Minderheitsregierung dürften damit – zum Glück! – hinfällig geworden sein.
Wir brauchen einen psychologischen Neustart
Natürlich ist eine gesunde Distanz zu Extremisten kein Garant für erfolgreiches Regieren. Ganz und gar nicht. Dafür müsste das Team Merz in vielen Politikbereichen das Ruder herumrumreißen. Sonst wird die deutsche Wirtschaft weiter in der Wellblechökonomie vor sich hindümpeln, in der wir nun schon seit mehr als zwei Jahren verharren: Mal wächst Deutschland ein kleines bisschen, dann schrumpft die Wirtschaft wieder. Nichts Dramatisches, aber wir liegen ökonomisch platt am Boden. Von alleine wird sich das nicht berappeln. Das Mindeste, was jetzt nötig wäre, ist ein psychologischer Neustart, der den Unternehmen, aber auch den Verbrauchern, größere Zuversicht verleiht. Frei nach dem Diktum Ludwig Erhards „Wirtschaftspolitik ist zu 50 % Psychologie“. Seit der Zollwüterich im Weißen Haus sein Unwesen treibt, ist diese Aufgabe nicht eben leichter geworden.
Wie wir die Pläne der Koalition einschätzen
Direkt nach dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen habe ich an dieser Stelle bereits zum Regierungsprogramm Stellung genommen. Mein Fazit damals: „Besser als befürchtet, aber nicht so gut wie heimlich gehofft“. Nun hat das LBBW Research nach bewährtem Muster den Koalitionsvertrag einer intensiveren Analyse unterzogen und ihn auf Wachstumseffekte abgeklopft.
Auch bei genauerer Betrachtung bleibt die Diagnose durchwachsen. Auf einer Skala von 0 (unterirdisch) bis 4 (Nirvana) kommen unsere Analystinnen und Analysten zu einem durchschnittlichen Gesamtergebnis von 2,5. Die Koalitionäre haben die wachstumshemmenden Faktoren also zwar überwiegend richtig diagnostiziert, lassen aber die Konkretisierung plausibler Maßnahmen zu ihrer Überwindung noch an zu vielen Stellen vermissen. Deshalb heißt es in dem Text auch so oft „wir wollen“ und „wir prüfen“. Hier hätte gegolten: Machen ist wie wollen, nur krasser.
Bewertung des Koalitionsprogramms und der Wahlprogramme
mit Blick auf Wachstumswirkungen nach Politikbereichen
(0=kommt nicht vor oder Maßnahmen negativ bis 4=zentrale Leitplanke mit plausiblen Maßnahmen hinterlegt)
Warum das Glas trotzdem halb voll ist
Dennoch gibt es Gründe, hoffnungsfroh in die Zukunft zu schauen. Zum einen ist das Verhandlungsergebnis mit einem Wachstumswert von 2,5 erfreulicher als man hätte erwarten dürfen, denn es fällt besser aus als die jeweiligen Einschätzungen der Wahlprogramme (Union 2,4 und SPD 1,8, siehe Abbildung). Vor allem in den Politikbereichen „Infrastruktur“ und „staatliches Handeln“ (also Steuer- und Regulierungspolitik sowie Stärkung von Arbeitsanreizen) liegt das Ganze vor der Summe seiner Teile. Ähnliches könnte man auch für Maßnahmen zur Überwindung des risikoaversen deutschen Mindsets sagen. Aber hier liegt die Overperformance vor allem an den sehr niedrigen Erwartungen. Insgesamt sehe ich ein Bild, das neben Schatten auch viel Licht zeigt. Die Regierung Merz hat eine Chance verdient, die Skeptiker eines Besseren zu belehren. Glück sollten wir ihr alle wünschen, denn eine Alternative gibt es nicht.

Die Regierung Merz hat eine Chance verdient, die Skeptiker eines Besseren zu belehren. Glück sollten wir ihr alle wünschen, denn eine Alternative gibt es nicht.
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