Nach einer Reihe von Prognosesenkungen im Vormonat hat das LBBW Research die Erwartungen erneut zurückgenommen und sieht Deutschland und die Welt 2022 nun in die Rezession abgleiten. „Die ganze Welt ist im Rückwärtsgang, auch die großen Volkswirtschaften wie die USA“, sagt Chefvolkswirt Moritz Kraemer. Für das Gesamtjahr erwartet er für Deutschland nur noch 1 Prozent Wirtschaftswachstum und damit weniger, als im ersten Halbjahr erwirtschaftet wurde. Für 2023 veranschlagt er ein Minus: -1,0 Prozent.
Gleich ein ganzes Bündel schlechter Nachrichten drücken auf die Geschäftserwartungen der Unternehmen und die Konsumfreude der Verbraucher. Dazu gehören die rekordhohe Inflation, die anhaltende Corona-Pandemie und die fortgesetzten Lieferschwierigkeiten bei wichtigen Gütern und Bauteilen. Zuletzt belastete die Ankündigung Russlands, nur 20 Prozent der möglichen Gasmenge durch die Nord Stream 1 Pipeline nach Deutschland zu schicken. Sie nährt die Sorge, Präsident Wladimir Putin könnte die Gaslieferung bald völlig einstellen.
„Die Rezession wird relativ mild ausfallen, sofern uns Putin nicht den Gashahn abdreht“, urteilt Kraemer. Komme es dazu, sei eine sehr schwere Rezession unvermeidlich. Ökonomen reden von einer Rezession, wenn eine Volkswirtschaft zwei aufeinanderfolgende Quartale in Folge schrumpft.
Die Experten des LBBW Research gehen bislang aber nicht von einem russischen Gas-Embargo aus, sondern erwarten, dass die Gaslieferungen bis zu einem Waffenstillstand im Ukraine-Krieg lediglich stark gedrosselt oder allenfalls zeitweise gestoppt werden.
Krise könnte EZB zwingen, Inflationsbekämpfung einzustellen
Der Wachstumseinbruch in Europa wird nach ihren Erwartungen wohl dazu führen, dass die Europäische Zentralbank ihren Kampf gegen die Inflation durch eine Straffung ihrer Geldpolitik 2023 einstellen werde. Dabei sei unklar, wie sich bis dahin die unklaren Wachstumsaussichten in China, die Regierungskrise in Italien und die Corona- Pandemie entwickeln. Die Ökonomen der LBBW reduzieren Ihre globale Wachstumsprognose für 2022 von 3,2 auf 3,0 Prozent. Für die Eurozone erwarten sie im laufenden Jahr nur noch 2 Prozent Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt. Für die USA lediglich 1,5 nach zuvor 2,5 Prozent.