13.07.2023

Es geht um Mitarbeiter-Benefit-Modelle

Auf dem Arbeitskräftemarkt herrscht Mangel. Wie Unternehmen sich die wenigen Talente angeln, weiß Norbert Pachl, Geschäftsführer des LBBW Pensionsmanagements.

Kollegen sitzen am Tisch und essen gemeinsam Pizza
Kollegen sitzen am Tisch und essen gemeinsam Pizza

LBBW Standpunkt: Herr Pachl, die Politik will den Renteneintritt an die Lebenserwartung koppeln. CDU-Politiker Jens Spahn fordert angesichts des Fachkräftemangels ein sofortiges Ende der Rente mit 63. Auch die Vier-Tage-Woche geistert wieder durch die Gazetten. Was ist da los?

Norbert Pachl: Es geht um zwei Dinge. Der Arbeitskräftemangel in Deutschland ist zum Problem Nummer 1 für viele Unternehmen geworden. Es geht bei all den Vorschlägen also auch um eine Umverteilung von viel Arbeit auf weniger werdende Arbeitskräfte. Das zweite Thema ist natürlich: Die Rente mit 63 Jahren hat die gesetzliche Rentenversicherung massiv belastet. Geringeren Einnahmen standen quasi über Nacht höhere Ausgaben gegenüber. Aber die Rente mit 63 hat eben auch die betrieblichen Alterssicherungssysteme vor erhebliche Herausforderungen gestellt.

LBBW Standpunkt: In keiner der Argumentationen geht es um die Finanzen. Durch die frühe Rente, so Spahn, seien zwei Millionen Arbeitskräfte viel zu früh in die Rente gegangen, die jetzt „bitterlich fehlen“.

Pachl: Die Zahlen von Herrn Spahn kann und will ich nicht kommentieren. Aber richtig ist sicher, dass es eine Diskussion geben sollte, wie der Arbeitsmarkt entlastet werden kann und dabei den Unternehmen in ihrer Not des Fachkräftemangels zu helfen.

Norbert Pachl, Geschäftsführer der LBBW Pensionsmanagement GmbH

Wir müssen diskutieren, wie wir den Unternehmen in ihrer Not des Fachkräftemangels helfen können.

Norbert Pachl, Geschäftsführer der LBBW Pensionsmanagement GmbH

LBBW Standpunkt: Unternehmen müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern etwas Originäres bieten, wenn sie erfolgreich Personal akquirieren wollen. Sie beraten viele Unternehmen, wenn es darum geht, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu motivieren, länger zu arbeiten. Wie sieht ihr Konzept aus?

Pachl: Es geht nicht nur um das Werben von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Es geht auch um das Halten von geschätzten Kolleginnen und Kollegen. Mir geht es deshalb um einen gesamthaften Ansatz. Wer erst ganz am Schluss – nämlich bei der Rente oder der betrieblichen Altersversorgung – anfängt, gibt seinen Mitarbeitern zunächst einmal nur die Sicherheit nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben. Das ist richtig so, aber nicht optimal. Um heutzutage als attraktiver Arbeitgeber im Wettbewerb um gute und motivierte Talente bestehen zu können, muss man viel früher beginnen. Wir sagen dazu Mitarbeiter-Benefit-Systeme.

LBBW Standpunkt: Was meinen Sie mit Mitarbeiter-Benefit-Systemen?

Pachl: Mal ein Beispiel: Wenn Sie aktuell die Stellenanzeigen vieler Unternehmen analysieren, finden Sie dort häufig als Incentive ein Job-Fahrrad oder ein kostenloses Deutschland-Ticket. Wir gehen anders an die Sache heran und fragen das Unternehmen in einem ersten Schritt: Welche Mitarbeiter suchst du? Willst du ein Karriere-Booster sein, also Talente anwerben, die nach fünf Jahren wieder weg sind? Oder suchst du Menschen, die „ein Job – eine Firma“ wollen? Nach dem alten Daimler-Prinzip: ein Arbeitsplatz auf Lebenszeit.

LBBW Standpunkt: Das klingt wie eine Bedarfsanalyse.

Pachl: Genau. Das ist extrem wichtig. Wir bauen anhand des Anforderungsprofils ein Portfolio von Incentives. Erst ganz am Ende des Beratungsprozesses steht das Produkt. Zum Beispiel ein Paket aus betrieblicher Altersversorgung und betrieblicher Krankenversicherung. Gerade bei letzterem haben wir ein Modell entwickelt, mit dem Unternehmen für rund 30 Euro pro Monat und Mitarbeiter ein rundes Zusatzprogramm anbieten können. Der Mitarbeiter bekommt dafür ein Budget zur Verfügung, mit dem er ganz nach seinem persönlichen Bedarf zum Beispiel homöopathische Rezepte einreichen kann, die Brille oder Facharztservices. All das, was in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen oder in der Privaten Krankenversicherung mit Eigenanteil belegt ist. Und obendrauf: Die Anamnese des Mitarbeiters – also seine Krankenakte – spielt dabei keine Rolle. Angehörige können mitversichert werden.

LBBW Standpunkt: Trifft dieses Angebot angesichts von Work-Life-Balance den Nerv der Zeit?

Pachl: Ja, die Nachfrage wird größer und die Akzeptanz solcher Mitarbeiter-Benefit-Programme steigt. Aber es gibt auch noch viele Unternehmen, die eher im alten Schema verhaftet sind und sich mit der neuen Welt noch schwertun.

LBBW Standpunkt: Das klingt nach komplexen unternehmensinternen Abstimmungsprozessen inklusive der Zustimmung durch die Betriebsräte.

Pachl: Wir arbeiten selbstverständlich mit kompetenten Juristen zusammen, die alle notwendigen Papiere und Verträge wie Betriebsvereinbarungen mitliefern.

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Bei Mitarbeiter-Benefit-Modellen geht es nicht nur um das Werben von neuen Mitarbeitern. Es geht auch um das Halten von geschätzten Kolleginnen und Kollegen.

Norbert Pachl, Geschäftsführer der LBBW Pensionsmanagement GmbH

LBBW Standpunkt: Ist das Thema betriebliche Altersversorgung auch Teil Ihrer Mitarbeiter-Benefit-Programme?

Pachl: Die gesetzliche Rentenversicherung ist mittel- bis langfristig sicher für viele nicht ausreichend. Und die Möglichkeiten der privaten Altersvorsorge nutzt nicht jeder Mitarbeiter. Da habe ich doch als Arbeitgeber ein gutes Argument im Wettbewerb, wenn ich meinen Mitarbeitern ein zweites Standbein biete, damit sie ihren Lebensabend so führen können, wie sie möchten. Also, um auf ihre Frage zu antworten: Natürlich!

LBBW Standpunkt: Und auch da möglichst flexibel?

Pachl: Unser Beratungsportfolio reicht von klassischen Lösungen der betrieblichen Altersvorsorge über Altersteilzeit-/Lebensarbeitszeitkonten und weiteren Benefits, immer in der sinnvollen Kombination miteinander.

LBBW Standpunkt: Mutmaßlich bieten Sie eher maßgeschneiderte Lösungen als Stangenware an?

Pachl: Auch hier ein Beispiel: Es gibt Jobs, die können Sie auch mit 80 Jahren noch machen, ohne ein persönliches Risiko einzugehen. Für einen Dachdecker oder Gerüstbauer gilt das nicht. Da helfen dann beispielsweise der frühzeitige Einsatz von Lebensarbeitszeitkonten. Mir und meinem Team geht es immer um bedarfsgerechte Lösungen, bei denen beide Seiten gewinnen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

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Norbert Pachl, Geschäftsführer der LBBW Pensionsmanagement GmbH

Norbert Pachl

Geschäftsführer LBBW Pensionsmanagement GmbH