Im Vereinigten Königreich haben gestern die Wahlen zum Unterhaus stattgefunden.
Unsere Ersteinschätzung
Der prognostizierte Erdrutschsieg der Labour-Partei ist tatsächlich eingetreten. Auf die Arbeiterpartei entfielen Hochrechnungen zufolge gut 34 % der abgegebenen Stimmen. Dies ist ein Zuwachs um „nur“ gut 2 %-Punkte, beschert der Labour-Partei aber aufgrund des Mehrheitswahlrechtes eine große Mehrheit im Unterhaus, nach derzeitigen Stand entfallen von den 650 Sitzen 405 Sitze auf die Arbeiterpartei. Die Konservativen erringen nur 112 Mandate. So schlecht schnitten die Konservativen bei Unterhauswahlen noch nie ab. Dies lag – neben vielen anderen Grünen – auch daran, dass den Konservativen im bürgerlich-rechten Spektrum mit der Partei Reform UK ein Konkurrent erstanden ist. Die von dem Brexit-Anhänger Nigel Farage geführte Partei gewann gut 14 % der abgegeben Stimmen.
Der Wahlsieg der Labour-Partei stellt nach dem Abgang des sozialistischen Parteiführers Jeremy Corbyn kein Schreckgespenst für die Kapital- und Devisenmärkte da. Der Kurs des Euro gegenüber dem Pfund Sterling hat sich nach Bekanntwerden der Wahlergebnisse kaum verändert. Im Vorfeld der Unterhauswahl hatten führende Vertreter der Arbeiterpartei eine wirtschaftsfreundliche Politik versprochen. Die Schatten-Schatzkanzlerin der Arbeiterpartei, Rachel Reeves, hat sich in einem Interview mit der Financial Times zur Haushaltsdisziplin bekannt. Steuererhöhungen wurden – von wenigen Ausnahmen (Privatschulen) abgesehen – ausgeschlossen.
Das Verhältnis zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU dürfte sich durch den Wahlsieg der Labour-Partei verbessern. Eine Wiedereintritt des Vereinigten Königreichs in den Gemeinsamen Markt und in die Zollunion sollte jedoch auch unter Führung der Labour-Partei ausgeschlossen bleiben, geschweigen denn eine Umkehrung des Brexit.