19.07.2024
Liquidität optimieren mit Supply Chain Finance
Die innovative Verwendung der Zahlungsströme innerhalb der Lieferkette kann die Working-Capital-Basis deutlich verbessern.
Wer sich auf eine komplexe Lieferkette verlassen muss, sollte mit seinen Lieferanten sorgsam umgehen. Das bedeutet nicht zuletzt, sie liquide zu halten – zum Beispiel durch Supply Chain Finance (kurz: SCF). Im Grunde ist dies eine umgekehrte Form des Factorings bzw. ABS. Es wird daher auch als Reverse Factoring bzw. Reverse ABS bezeichnet. Anders als beim klassischen Factoring ergreift hier jedoch nicht der Lieferant, sondern der Käufer die Initiative.
„Für alle Beteiligten ein deutlicher Mehrwert“
Eines der wesentlichen Motive für diesen Wechsel ist die Rating-Arbitrage. „Oftmals ist das Rating des Käufers besser als das des Lieferanten. Dadurch erhält dieser eine günstigere Finanzierung“, sagt Damian Wosnitzka, Head of Working Capital Management Solutions der LBBW. „Das ist für alle Beteiligten ein deutlicher Mehrwert.“ Im Ergebnis wird der Lieferant auf Basis des besseren Risikos des Käufers zu einem Zins finanziert, der in der Regel zwischen den beiden Bonitäten liegt. Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Konstellationen, wie etwa das verbesserte Debitorenmanagement des Lieferanten, in denen Supply Chain Finance sinnvoll sein.
Oftmals ist das Rating des Käufers besser als das des Lieferanten. Dadurch erhält dieser eine günstigere Finanzierung.
Nach der Finanzkrise ab 2007 dehnten Unternehmen ihre Zahlungsfristen gegenüber Lieferanten immer weiter aus. Das gab ihnen kurzfristig Spielräume. Viele Lieferanten allerdings gerieten unter Druck – und den Unternehmen drohten Ausfälle in ihrer Lieferkette. In folgenden Krisen wiederholte sich dieses Bild. Daher ist mittlerweile das Working Capital Management immer stärker in den Fokus gerückt – auch durch innovative Anbieter von IT-Plattformen, welche die zugrunde liegenden Prozesse weitestgehend automatisieren.
Der Markt für Supply Chain Finance wächst deshalb stark. Allerdings sehen die Experten noch immer eine hohe Ungewissheit über Ansatzmöglichkeiten, Nutzen und Herausforderungen von Supply Chain Finance. Dabei hilft es, von Beginn an die LBBW als Partner an Bord zu haben, die gemeinsam mit dem Kunden die beste Lösung sucht.
Weniger Schulden – weniger Zinsen
Die Vorteile durch Supply Chain Finance liegen auf der Hand.
Der Lieferant sichert sich durch Supply Chain Finance:
- die direkte Auszahlung des abgezinsten Kaufpreises
- die Verbesserung seiner Liquidität
- eine Reduzierung des Zinsaufwands und der Finanzverschuldung
- eine engere Kundenbeziehung
Für den Käufer bedeutet Supply Chain Finance:
- eine für den Lieferanten akzeptable Verlängerung der Zahlungsziele
- eine Reduzierung des Zinsaufwands und der Finanzverschuldung
- die Bindung und Unterstützung strategisch wichtiger Lieferanten
- vorab eine bessere Verhandlungsposition, da dem Lieferanten eine sofortige Zahlung angeboten wird
- die Verbesserung der Finanzkennzahlen
Supply Chain Finance wird in diesem Fall durch den Käufer zusammen mit der Bank in Kooperation mit einem Plattformanbieter aufgesetzt und strukturiert. Dreh- und Angelpunkt ist eine digitale Plattform, über die die Transaktion abgewickelt wird. Die Forderungen des Lieferanten werden dort durch den Käufer hochgeladen und freigegeben. Damit verpflichtet sich der Käufer zugleich, die Forderung zum vereinbarten Zahlungsziel in voller Höhe und einredefrei zu bezahlen.
Kooperation zwischen Bank und Plattform
Der Lieferant erhält den abgezinsten Kaufpreis direkt von der ankaufenden Bank. Alle für die Zahlungsströme Bank → Lieferant und Käufer → Bank bei Fälligkeit der Forderungen erforderlichen Informationen und Zahlungsinstruktionen werden dabei ebenfalls vom Plattformanbieter aufbereitet und elektronisch bereitgestellt.
Zentrales Merkmal von Supply Chain Finance ist der hohe Digitalisierungsgrad, die entsprechende Plattform ist daher ein wesentlicher Partner. Zur Sicherung der Prozesse sind Schnittstellen und Informationen standardisiert und automatisiert. Käufer und gegebenenfalls auch Lieferanten stellen die relevanten Schnittstellen in ihren ERP-Systemen bereit. Auch die Banken sind durch entsprechende Schnittstellen an die Plattform angebunden, um hier entsprechende Zahlungsinformationen direkt verarbeiten zu können.
Für Großkunden und große Mittelständler
Man unterscheidet bei Supply Chain Finance grundsätzlich zwei Modelle. Entweder kauft eine Bank die Forderungen direkt an oder es finden sich verschiedene Investoren in einer Zweckgesellschaft zusammen, welche die Forderungen zentral erwirbt und diese durch Ausgabe von Schuldverschreibungen an die Investoren finanziert.
Supply Chain Finance richtet sich vor allem an Großkunden oder große Mittelständler mit einem Umsatz ab 300 Millionen Euro bzw. einem Einkaufsvolumen ab 200 Millionen Euro pro Jahr. Hierbei ist zu beachten, dass bei Supply Chain Finance üblicherweise nicht der komplette Materialaufwand adressiert werden kann. Um ein nennenswertes Volumen zu erreichen, unterstützen die Plattformpartner und die LBBW Sie gerne im Vorfeld mit einer Analyse, um das Potenzial eines Programms einschätzen zu können. Und natürlich muss die Bonität stimmen.
Wenn auch Sie gerne mehr zum Thema Supply Chain Finance oder zu anderen Lösungen im Bereich Working Capital Management Solutions erfahren möchten, wenden Sie sich am besten direkt an die Corporate-Finance-Spezialisten bei der LBBW:
Damian Wosnitzka