Green Finance - Schluss mit reden, jetzt wird gehandelt!

Die neue LBBW-Studie „Nachhaltigkeit und Green Finance“ belegt: Es wird normal, Finanzierungen mit nachhaltigen Aspekten zu verbinden.

Hand mit Kompass

ZF Friedrichshafen zum Beispiel: Der Technologiekonzern hat grüne Anleihen für 4,3 Milliarden Euro platziert, um in Antriebstechnik für Windräder und in E-Mobilität zu investieren. Dazu kommen ein Sustainability-linked Schuldschein (SSD) und ein Konsortialkredit, dessen Konditionen sich unter anderem an der CO2-Bilanz orientieren. Michael Frick, CFO der ZF Group, setzt mittlerweile ganz selbstverständlich auf Green Finance. „Sustainable-Finance-Instrumente spornen uns an, unseren Konzern komplett auf Nachhaltigkeit auszurichten“, sagt Frick, „indem sie Anreize für umwelt- und sozialverträgliche Geschäftspraktiken schaffen.“

17 Prozent

der Finanzentscheider setzen auf ESG-linked Loans, also Kredite. Vor zwei Jahren lag der Anteil erst bei 5 Prozent, vor vier Jahren bei 1 Prozent.

Längst ist ZF Friedrichshafen kein Einzelfall mehr, wie die aktuelle Studie „Nachhaltigkeit und Green Finance“ von LBBW, Finance und FAZ Business Media herausarbeitet. 365 CEOs und CFOs wurden für die Studie befragt, ob sie sich mit Green Finance beschäftigen. Dabei stellte sich heraus, dass Finanzentscheider nicht nur über grüne Finanzierungen reden, sie nutzen sie auch. Nachdem Fördermittel zur Finanzierung der Transformation schon längst am Markt etabliert sind, haben jetzt bereits 17 Prozent der Befragten Kredite mit Nachhaltigkeitskomponenten abgeschlossen – zwei Jahre zuvor waren es erst 5 Prozent. Die Zahl der Finanzentscheider, die grüne Kredite abgeschlossen haben, hat sich mehr als verdoppelt – auf 10 Prozent. Auch grüne Anleihen (Green Bonds) werden verstärkt eingesetzt. Neue Finanzierungsoptionen wie ESG-linked Leasing, Sustainable Supply Chain Finance oder Factoring etablieren sich gerade am Markt.

Joachim Erdle, Mitglied des Vorstands der LBBW

Nachhaltigkeit wird ein Teil der Unternehmensstrategie.

Joachim Erdle, LBBW-Vorstand für Unternehmenskunden

Dabei lassen sich zwei deutlich unterscheidbare Varianten von Green Finance beobachten. Bei dezidiert grünen Finanzierungsinstrumenten wird explizit ein grüner Verwendungszweck festgelegt. Finanzierungsinstrumente mit ESG-Bezug (ESG-linked) sorgen für deutlich mehr Flexibilität, was sie bei den Unternehmen beliebter macht. Bei Schuldscheinen etwa wurden im vergangenen Jahr sechsmal so viele ESG-linked SSDs begeben wie wirklich grüne Schuldscheine.

Erst die Nachhaltigkeitsstrategie, dann Green Finance

Kostenvorteile sind laut Studie selten der entscheidende Grund, auf Green Finance zu setzen: „Häufiger dienen sie dazu, die Nachhaltigkeitsbestrebungen des Unternehmens voranzutreiben.“ Dabei gehen Unternehmen in drei Schritten vor: Zuerst wird eine Nachhaltigkeitsstrategie erarbeitet, die anschließend operationalisiert wird. Erst wenn klar ist, was wie passieren soll, kann im dritten und letzten Schritt entsprechend finanziert werden. „Nur so ist das Finanzierungskonzept glaubwürdig und vermeidet den Verdacht des Greenwashing“, sagt Joachim Erdle, Vorstand für Unternehmenskunden bei der LBBW.

Tatsächlich ist die Gefahr von Greenwashing nicht zu unterschätzen. 48 Prozent der befragten Finanzentscheider schätzt sie als hoch ein. Sie fordern klare Regularien und eine neutrale Aufsicht, um sich von solchen Verdächtigungen freizumachen. In der Studie heißt es: „Hier hilft nur, tatsächlich belastbare Indikatoren zu verwenden.“

Die EU will es so: mit ESRS zur CSRD

Die Europäische Union will jetzt belastbare Indikatoren vorgeben, um Nachhaltigkeit messbar zu machen. Diese Indikatoren gibt es für Environment (Umwelt), Soziales und Governance, womit eine verantwortungsbewusste Unternehmensführung gemeint ist. Als „ESG“ werden diese drei Bereiche abgekürzt. Mittlerweile gibt es spezielle ESG-Ratings, mit deren Hilfe jedes Unternehmen bestimmen kann, bei welchen Nachhaltigkeitsaspekten es sich hervorragend schlägt – und wo noch Nachholbedarf besteht. Wie die Studie herausarbeitet, fremdelt die Mehrheit der Finanzentscheider mit den ESG-Kriterien und arbeitet lieber mit selbst bestimmten Indikatoren. Das mag bequemer sein, zukunftsweisend ist es nicht. Vorgaben der Europäischen Union zwingen immer mehr Unternehmen, ihre ESG-Daten systematisch zu erfassen und in ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung zu publizieren.

15000

Unternehmen in Deutschland müssen künftig nach den CSRD-Berichtspflichten ihre Nachhaltigkeitsdaten offenlegen.

Das Ziel der Europäischen Union: Nachhaltigkeitsberichte sollen ebenso vergleichbar werden wie Finanzberichte. Bis 2028 müssen rund 15.000 Unternehmen in Deutschland ihre Nachhaltigkeitsberichte nach den Vorgaben der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) erstellen. In diese Berichte kommen auch Informationen über die Lieferketten. Wer als Zulieferer die entsprechenden Daten und Informationen nicht liefern kann, droht ausgelistet zu werden. Das bereitet Michael Frick, dem CFO von ZF Friedrichshafen, Kopfschmerzen: „Umfangreiche Anforderungen und kleinteilige Offenlegungen stellen kleinere Unternehmen innerhalb unserer Wertschöpfungskette vor enorme Herausforderungen.“

Die nächste Aufgabe: ESG-Datenmanagement

62 Prozent der befragten Finanzentscheider beschweren sich über den Aufwand für die Datenerfassung und -verarbeitung, zumal die Qualität der Daten derzeit häufig nicht ausreicht für die ESR-Standards. Hier müssen neue Prozesse etabliert werden. Das kostet Zeit und Geld.

Was die Entscheider dabei ärgert: Wahrscheinlich müssen die CSRD-Standards in den kommenden Jahren noch mehrfach geändert werden. 34 Prozent der Befragten stimmen explizit der Aussage zu, die Inhalte der CSRD seien nicht klar. Für einen gewissen Pragmatismus, auch auf Unternehmensseite, votiert daher Joachim Erdle, LBBW-Vorstand für Unternehmenskunden: „Es wird nicht alles sofort perfekt sein.“

Eine ausführliche Darstellung der Studienergebnisse, sowohl über Green Finance als auch über das ESG-Datenmanagement, finden Sie unter www.finance-magazin.de