Energiewende elektrisch: mehr Strom aus erneuerbaren Energien

Energiewende-Special der LBBW: Das Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien wird stark erhöht. Doch wie integriert man Sonne und Wind sinnvoll in den Strommix?

Bauarbeiter laufen in einen Windpark

2021 lag der Anteil der erneuerbaren Energiequellen im deutschen Strommix bei 46 %. Das reicht der Bundesregierung noch längst nicht: Sie hat 2022 das Ziel für den Ausbau der erneuerbaren Energien in der Stromversorgung deutlich nach oben gesetzt. Bis 2030 sollen die alternativen Energiequellen Wind, Solar, Biomasse und Wasserkraft 80 % des Strommix in Deutschland ausmachen. Zuvor waren 65 % anvisiert worden.

Anteil Energiequellen Strommix in Prozent, Stand 2021 und Prognose 2030

Das neue Ziel verlangt, deutlich mehr Photovoltaik und Windenergie neu zu installieren als das derzeit der Fall ist: Die Leistung der Windenergie an Land soll sich nach dem Willen der Bundesregierung bis 2030 etwa verdoppeln und die der Offshore-Windenergie sowie der Photovoltaik jeweils fast vervierfachen.

Mit dem neuen Ziel für Strom aus erneuerbaren Energien erhöht die Ampel-Koalition die Schlagzahl beim Klimaschutz – und reduziert zugleich die Abhängigkeit von Importen fossiler Brennstoffe. Zudem dämpft der Ausbau der erneuerbaren Energien die Preise an der Strombörse. Davon profitieren alle Verbraucher.

Strom aus regenerativen Energiequellen auch ohne öffentliche Förderung

Seit mehr als 20 Jahren gibt das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) starke Anreize für den Bau von Grünstromanlagen. Das Gesetz garantiert den Betreibern für den Strom, den sie ins Netz einspeisen, eine feste Vergütung. Finanziert wurde sie viele Jahre lang über die EEG-Umlage, seit Juli 2022 über den Klima- und Transformationsfonds des Bundes. Die Festvergütung schafft Sicherheit, ein wichtiger Faktor für Investitionen.

Mit sinkenden Anlagenkosten hat sich in den vergangenen Jahren zudem ein Vermarktungsmodell etabliert, das ohne Förderung auskommt: Power Purchase Agreements, kurz PPAs – Direktlieferverträge zwischen einem Erzeuger und einem Großverbraucher von Wind- oder Solarstrom. PPAs ermöglichen Unternehmen, grünen Strom zu langfristig fixen Preisen zu beziehen. Das schützt sie vor Turbulenzen an der Strombörse.

Erzeugung und Verbrauch von Strom aus erneuerbaren Energien in Balance

Anders als bei Gas- oder Kohlekraftwerken lässt sich die Leistung von Windenergie- oder Photovoltaik-Anlagen nicht an den jeweiligen Bedarf anpassen – wie viel Strom sie produzieren, hängt allein von Windstärke und Sonneneinstrahlung ab. Weil aber im Stromsystem Erzeugung und Verbrauch stets im Gleichgewicht sein müssen, braucht es Instrumente, mit denen sich die Balance wahren lässt. Dazu zählen etwa Speicher, Batterien genauso wie große Pumpspeicher-Kraftwerke. Wird mehr Strom erzeugt als benötigt oder als die Netze gerade aufnehmen können, lässt sich die Energie in Form von Wärme speichern, etwa in einem Wasserspeicher in einem Fernwärmenetz.

80 %

des Stroms soll bis 2030 aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Das hat sich die Bundesregierung vorgenommen.

Ein anderer Hebel liegt darin, Anreize zu setzen, Strom gezielt dann zu verbrauchen, wenn viel davon verfügbar ist – und umgekehrt bei Engpässen den Bezug zu drosseln. Für Industriebetriebe ist dieses Modell bereits etabliert.

Zudem sind auch künftig Gaskraftwerke unverzichtbar, die schnell in die Bresche springen können, wenn Windräder und Solaranlagen schwächeln. Werden sie mit grünem Wasserstoff betrieben, sind sie klimaneutral – der Strommix in Deutschland profitiert auch davon. Ebenso trägt der Stromnetzausbau dazu bei, Erzeugung und Verbrauch in Einklang zu bringen: Die neuen Leitungen bringen Strom aus regenerativen Energiequellen vom Norden und Osten in den Süden, wo viele Industriebetriebe angesiedelt sind.

Erwartete Leistung für 2030 von Wind- und Solaranlagen in Gigawatt

Flächen als das Nadelöhr der Energiewende

Die größte Hürde für die vorgesehene Steigerung des Anteils von Strom aus erneuerbaren Energien im Strommix in Deutschland ist die Verfügbarkeit von Flächen, auf denen die Anlagen entstehen können. Immer wieder scheitern Vorhaben, weil Behörden oder Gerichte ihr Veto einlegen. Die Bundesregierung will nun mit Gesetzen und anderen Maßnahmen dafür sorgen, dass mehr Flächen für den Bau von Windrädern und Solarparks zur Verfügung stehen.

Viele Konflikte haben ihre Ursache darin, dass die Vorhaben keine Akzeptanz bei den Anwohnern finden. Deshalb werden die betroffenen Regionen nun verstärkt an den Gewinnen der Betreiber beteiligt, etwa durch eine Neuaufteilung der Gewerbesteuer.