16.04.2021

Wasserstoff: Kurzfristig teuer, langfristig mit viel Potenzial

Pressemitteilung | Studie

Grüner Wasserstoff kann in sonnenreichen Regionen bereits im kommenden Jahrzehnt wettbewerbsfähig werden. Zu diesem Ergebnis kommt das LBBW Research in einer aktuellen Studie. Selbst im weniger begünstigten Deutschland könnte die Technologie im Verkehrssegment ihre Nische finden, sofern hohe Investitionen die Kosten spürbar senken. Besonders mit grünem Wasserstoff befeuerte Gasturbinen gelten überdies als ideale Übergangs- und Zieltechnologie, um in den Stromnetzen zu stabilisieren.

Auch wenn der Energieträger grüner Wasserstoff zum gegenwärtigen Zeitpunkt relativ teuer ist, dürften die Umsätze und Erträge der Technologie in ein paar Jahren deutlich anziehen, urteilt Analyst Volker Stoll. Als wichtige Treiber hierfür nennt er in schnell fallenden Kosten für Solarstrom zum Beispiel in Abu Dhabi. Zudem verbessere sich die Effizienz derartiger Anlagen rasch: „Grüner Wasserstoff kann in sonnenreichen Regionen ab 2030 wettbewerbsfähig werden, durch die Emissionskosten für CO2 hat Wasserstoff einen Kostenvorteil von acht Prozent gegenüber fossilem Erdgas“, prognostiziert Stoll.

Der deutsche Verkehr kann 2030 auf Wasserstoff umsteigen

Der größte Kostenblock in Deutschland überrascht im ersten Moment; es sind die Transportkosten. Vor allem der Transport von Wasserstoff per Schiff über längere Distanzen ist wegen der energieintensiven Verflüssigung vergleichsweise teuer. Günstiger sind hingegen „umgewidmete“ Erdgaspipelines. Stoll zufolge ist jedoch unklar, wie schnell sich die Pipelines umrüsten lassen. Daher dürfte fossiles Erdgas zumindest 2030 noch günstiger sein als grüner Wasserstoff. Dies bedeutet, dass für die Industrieproduktion keine günstige CO2-freie Alternative für thermische Prozesse zur Verfügung steht. Kostenseitig könnte in Deutschland ab 2030 der PKW-Verkehr auf Wasserstoff-Antriebe umsteigen, wenn die Kostenparität mit Benzin bzw. Diesel erreicht wird.

Wasserstoffbefeuerte Gaskraftwerke könnten Stabilität ins Stromnetz bringen

Potenzial hat Wasserstoff auch als Brennstoff. Die LBBW-Analysten sehen in wasserstoffbetriebenen Gaskraftwerken eine ideale Übergangs- und auch Zieltechnologie. Dies liegt in erster Linie an kostengünstigen Modifikationen der Gaskraftwerke, um eine Stromproduktion durch grünen Wasserstoff zu ermöglichen. Somit können die Gasturbinen bei einfacher Umrüstung langfristig die Produktionslücken bei erneuerbaren Energien schließen und Stabilität ins Stromnetz bringen. „Die Produktionskosten von grünem Strom aus 100 Prozent grünem Wasserstoff liegen zwar im Vergleich zur konventionellen Erzeugung hohen 12 bis 14 Cent pro Kilowattstunde. Doch es gibt erhebliche, installierte Gaskraftwerkskapazitäten, die umgerüstet werden können“, rechnet Stoll vor.

Wasserstofftechnologien auf der Gewinnerseite

Auch die deutsche Wirtschaft kann langfristig von der Zukunftstechnologie profitieren. Bedeutendes Know-how für die Komponenten der Wasserstofftechnik ist in der deutschen Industrie vorhanden, vor allem die Kernkompetenz deutscher Anlagenbauer, Elektrotechniker und Halbleiterproduzenten passt ideal. Dem LBBW-Research zufolge dürften bis 2030 Wasserstofftechnologien auf der Gewinnerseite stehen und nachgelagerte Wertschöpfungsketten starken Aufwind erfahren. Dennoch muss sich der Markt für grünes Aluminium, grünen Stahl oder grünen Zement erst noch etablieren, daher dürfte die Investitionsbereitschaft zunächst begrenzt sein. Zudem bedarf es bei Subventionen und Zuschüssen von Seiten der Politik und der Anlagenhersteller tiefer Taschen und viel Geduld.

Ungünstig ist die Situation auch für Anleger, die in die Wasserstofftechnologie investieren wollen: Eine latent hohe Bewertung an den Kapitalmärkten erschwert gegenwärtig sinnvolle Investitionen. Das LBBW-Research richtet seinen Fokus daher auf Unternehmen, die vom Aufbau der elektrischen Energiekette für die Produktion von Wasserstoff profitieren. Anleger brauchten aber auch hier einen sehr langen Atem.