14.07.2021

„Die Unternehmen sind selbst überrascht, wie gut sie aus der Krise kommen“

Pressemitteilung | Studie

Die deutschen Mittelständler haben in der Corona-Krise ihre sprichwörtliche Anpassungsfähigkeit unter Beweis gestellt und sind insgesamt gut durch die zurückliegenden eineinhalb Jahre gekommen. Einer Umfrage des LBBW Research zufolge, blicken die meisten von ihnen entsprechend optimistisch in die Zukunft.

„Die kleinen und mittleren Unternehmen sind selbst ein bisschen überrascht, wie gut sie durch die Krise kommen“, urteilt Analyst Andreas Heinemann. Die befürchtete Insolvenzwelle falle deshalb aus - auch dank der staatlichen Hilfszahlungen. Aber auch in Zukunft werde es große Herausforderungen wie zum Beispiel den Klimawandel geben, die die ganze Kreativität und Improvisationsgabe der Unternehmen erfordern.

Mit Corona verschwinden Kunden und Lieferanten über Nacht

Seit Anfang 2020 stellten die Quarantäne- und Sicherheits-maßnahmen zur Eindämmung des Virus‘ die Wirtschaft vor große Herausforderungen. In der Folge waren die Unternehmen von einem scharfen Nachfrageeinbruch und einer kräftigen Verknappung des Angebots betroffen. Teilweise über Nacht mussten neue Lieferanten oder Abnehmer gefunden werden, während für die eigenen Beschäftigten umfangreiche Hygienekonzepte aus dem Nichts geschaffen werden mussten. Umsatzeinbrüche begrenzten dabei die Spielräume. Obwohl die Auswirkungen bis heute andauern, hielten in der Umfrage 56 Prozent und damit mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen ihre Geschäftslage für „gut“ oder „sehr gut“. Dabei waren Industrieunternehmen mit 58 Prozent insgesamt besser gestimmt, als Dienstleister (54 Prozent).

Auch für die kommenden Monate gibt es Anzeichen für gute Geschäfte. Gut gefüllte Auftragsbücher in der Industrie sowie Nachholeffekte im Dienstleistungsbereich lassen echtes Wirtschaftswachstum erwarten. „Das Wachstum in der zweiten Jahreshälfte könnte sich dann noch kräftig beschleunigen“, vermutet der LBBW-Analyst. Entsprechend optimistisch sehen die Geschäftsaussichten der Unternehmen aus. Rund zwei Drittel von ihnen beurteilen die Aussichten für die kommenden sechs Monate aktuell mit „gut“ oder gar „sehr gut“. Deutlich fällt dabei die Diskrepanz zwischen dem produzierenden Gewerbe (70 Prozent) und der Dienstleistungsbranche (61 Prozent) ins Auge. Das LBBW Research erwartet, dass der tertiäre Sektor in den kommenden sechs Monaten seine Schrumpfkur verlassen und wieder auf die Wachstumsspur zurückkehren wird.

Rohstoffpreise belasten stärker als Lockdown-Phasen

Wie gut die Unternehmen durch die Krise gekommen sind, zeigt die Frage nach den stärksten Belastungsfaktoren. Wenig überraschend nannten jeweils rund die Hälfte der Befragten dabei die allgemeinen Lockdown-Phasen und die Corona-Hygienemaßnahmen. Mit knapp 60 Prozent landete auf Platz 1 jedoch ein Problem, das nur mittelbar mit Corona zu tun hat. Der starke Anstieg der Rohstoffpreise.

Eine glückliche Fügung dämpfte für die Klein- und mittelständischen Unternehmen während der Krise ein üblicherweise recht großes Problem: Liquiditätsmangel durch wegbrechende Umsätze. Die traditionell schwach finanzierten Unternehmen hatten angesichts des anhaltenden Negativzinsumfelds speziell das Jahr 2019 genutzt, die eigene Kapitalausstattung zu verbessern. Zusammen mit staatlichen Ausgleichszahlungen und dem Aussetzen der Insolvenzantragspflicht blieb den Unternehmen so das Ärgste erspart. 45 Prozent der Befragten hielten die finanziellen Risiken durch die Corona-Krise deshalb für „unverändert“. Angesichts der dramatischen Entwicklung der Krise ein ordentlicher Wert. Lediglich ein Drittel sah für sich ein „gestiegenes“ finanzielles Risiko. Während sich hierbei Industrie und Dienstleister praktisch ähnlich äußerten, machten sich vor allem kleinere Unternehmen bis 100 Millionen Euro Jahresumsatz Sorgen. Größere Firmen nahmen praktisch keine Änderung des Risikos wahr.

Absicherung gegen steigende Rohstoffpreise gefragt

Deutlich zweigeteilt fielen die Aussagen der gut 300 befragten Unternehmen zum eigenen Risikomanagement aus. Knapp zwei Drittel wollten sich gegen Rohstoffpreisrisiken, bzw. Beschaffungs-risiken absichern. Jeweils mehr als die Hälfte suchte bei seinen Banken zudem Schutz gegen Liquiditätsrisiken und Bonitätsrisiken. Hingegen sprachen jeweils nur ein gutes Zehntel davon, sich gegen Wechselkurs- und Zinsschwankungen absichern zu wollen.

Rund 18 Monate nach dem Auftauchen des Corona-Virus‘ in Europa gibt sich der Mittelstand in punkto Krisenfestigkeit gute Noten. Gut 14 Prozent halten sich aufgrund der gewonnenen Erfahrungen für künftige Krisen sogar „sehr gut“ gewappnet. Rund zwei Drittel sieht sich für zukünftige Herausforderungen „gut“ vorbereitet. Lediglich ein Fünftel schätzt die eigene Resilienz als „mittelmäßig“ oder „schlecht“ ein. Für Heinemann zeigt die Unternehmensbefragung, wie sich mittelständische Unternehmen in Deutschland schnell, flexibel, entschieden und konsequent an neue Situationen anpassen können: „Sicher ist, dass es auch in der Zeit nach Corona etliche Krisen geben wird. Beispielsweise steht die nächste Bedrohung in Form des Klimawandels bereits vor der Tür. Hier ist die Agilität und der Ideenreichtum des Mittelstands wieder gefordert.“