Nachdem Rheinland-Pfalz beim Wirtschaftswachstum im ersten Halbjahr 2018 noch den Spitzenplatz unter allen Bundesländern für sich vereinnahmen konnte, prognostiziert das LBBW Research für das laufende Jahr nunmehr eine Wachstumsrate von 1,3 Prozent, für 2020 sogar von nur 0,8 Prozent. „Um wieder auf eine Spitzenposition zu gelangen, muss das Land strukturelle Schwächen beseitigen und den Ausbau digitaler Dienstleistungen vorantreiben“, urteilt Analyst Guido Zimmermann.
Noch im ersten Halbjahr 2018 konnte Rheinland-Pfalz beim realen Wirtschaftswachstum den Spitzenplatz unter allen Bundesländern für sich verbuchen. Mit einer Wachstumsrate von damals 3,3 Prozent ließ es sogar die üblichen Favoriten Bayern und Baden- Württemberg (2,8 bzw. 1,6 Prozent) hinter sich. Das LBBW Research prognostiziert für die nächsten Jahre nun aber einen Rückfall unter den Bundesdurchschnitt. Konkret wird für das laufende Jahr ein Rückgang der Wachstumsrate auf 1,3 Prozent (Deutschland: 1,4 Prozent) und für das Jahr 2020 auf nur noch 0,8 Prozent (0,9 Prozent) erwartet. Im Ranking der Bundesländer fällt das Land daher von der Spitzenposition auf Platz 6 und somit wieder in das Mittelfeld zurück.
Für die Analysten des LBBW Research kommt diese Entwicklung nicht unerwartet. Der allgemeine Rückgang der Wachstumsraten ist Ausdruck einer bereits stark fortgeschrittenen Aufschwungsphase, in der die Erwartungen langsam sinken. Insbesondere der ifo Geschäftsklima-Index zeigt bei noch guter konjunktureller Lage mit dem niedrigsten Stand seit Februar 2016 eine Eintrübung des Ausblicks an. Die Erwartungen einer sich abschwächenden Konjunktur decken sich hierbei mit dem stetigen Rückgang der Industrieproduktion und der Auftragseingänge seit Ende 2017.
Nach Ansicht des LBBW Research zeigen Konjunkturumfragen eine sinkende Tendenz, nicht zuletzt, weil sie von den vielfältigen aufziehenden Risiken im internationalen Umfeld geprägt werden. Kurz- bis mittelfristig würde Rheinland-Pfalz durch einen zunehmend wahrscheinlicher werdenden harten Brexit belastet, schließlich ist Großbritannien nach Frankreich, den USA und den Niederlanden viertwichtigster Handelspartner mit deutlich über 5 Prozent Exportanteil. Zugleich kämpft das Land mit hausgemachten Problemen wie dem demographischen Wandel.
Industrie führend bei Dienstleistungsangeboten
Als Lichtblick sieht das LBBW Research die sogenannte Tertiarisierung der Industrie – also den Ausbau des Angebots an Dienstleistungen durch Industrieunternehmen. Hier ist Rheinland- Pfalz im bundesweiten Vergleich deutlich weiter als die anderen Länder. In der Gesamtbetrachtung mit Hessen ist nicht nur eine stark überdurchschnittliche Digitalisierung von Dienstleistungsangeboten in der Industrie hervorzuheben, sondern eine ebenso führende Position bezüglich der digitalisierten hybriden Wertschöpfung. Hierunter fallen beispielsweise Betreibermodelle oder Sharing-Konzepte.
Um diese Vorreiterrolle zu halten, empfiehlt das LBBW-Research unter anderem neue innovative Qualifizierungsformate und praxisorientierte Lernumgebungen für Anbieter von datenbasierten Services (Smart Services und digitale Geschäftsmodelle).