25.02.2021

Längerer Lockdown kostet uns Wohlstand

Pressemitteilung | Studie

Gut ein Jahr nach dem Ausbruch von Corona empfiehlt das LBBW Research zur Pandemiebekämpfung die Abkehr von den bislang entscheidenden Inzidenzahlen zugunsten der Impfquote. „Die Zahl der Infizierten zeigt die drohende Überlastung des Gesundheits¬systems an. Aber es ist die steigende Zahl Geimpfter, die vor hohen Sterbezahlen und einer Überforderung der Intensivmedizin bewahrt und damit die richtige Basis für die politischen Entscheidungsträger darstellt“, sagte LBBW-Chefvolkswirt und Leiter des Research Uwe Burkert bei der Vorstellung der Studie „Mit falschen Zahlen zur richtigen Politik? Pandemiebekämpfung erfordert Strategiewechsel".

Nachdem sich auch in Deutschland die hochansteckenden Corona-Mutationen stark verbreiten, könnte zwar ein neuerlicher Anstieg der Infektionszahlen unmittelbar bevorstehen, urteilen die Autoren Martin Güth, Rolf Schäffer und Uwe Burkert in ihrer Studie. Dies sei jedoch angesichts der steigenden Zahl immunisierter Bürger für das Gesundheitssystem weniger bedrohlich. „Zu den Geimpften kommen noch all jene, die eine Corona-Erkrankung bereits überwunden haben und damit ebenfalls immunisiert sind. Ihre Zahl lässt sich aber bislang statistisch nicht zuverlässig ermitteln“, sagt Chefvolkswirt Burkert.

Trotz der erfreulichen Tendenz ist das Land von einer nennenswerten Impfquote und damit einer Herdenimmunität noch weit entfernt, urteilt das LBBW Research und warnt vor den gefährlichen Folgen: „Deutschland und die EU hinken beim Impftempo im Vergleich zu Israel, Großbritannien und den USA deutlich hinterher. Für die Sterblichkeit ist das fatal. Die Zahl der Corona-Toten würde sich in Deutschland in etwa halbieren, wären die Ü-80-Senioren durchgehend geimpft“, urteilen die Experten in ihrer Studie. Aktuell prognostizieren sie die Herdenimmunität für die Gesamtbevölkerung bei einer Impfquote von rund 70 Prozent, die notwendig ist, um zur Normalität zurückzukehren.

Bestätigen sich die bisherigen Erfahrungen mit den ansteckenderen Virusvariationen aus Großbritannien und Südafrika, rechnet Senioranalyst Martin Güth erst einmal mit einem bevorstehenden Anstieg der Infektionszahlen. Die für eine Aufhebung der Ausgangssperre aktuell wichtige Inzidenzmarke von 35 würde ein Großteil der Landkreise dann nicht mehr erreichen – weitere Lockerungen werde es nicht geben, sagt Rolf Schäffer, Leiter Marktstrategie der LBBW.

Wichtigste Risikogruppen müssen rasch geimpft werden

Dies führt aus Sicht des LBBW Research auf die falsche Fährte, weil durch die verstärkte Impfung der Bevölkerung die Überlastung des Gesundheitssystems zuverlässig verhindert wird: „Zur Begrenzung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kosten sollte ein anfänglicher Anstieg der Inzidenzzahlen toleriert werden, sobald die wichtigsten Risikogruppen geimpft sind.“ Eines werde aber auch eine Neubesinnung auf eine neue Richtgröße nicht ändern, glaubt Burkert. „Lockerungsmaßnahmen werden in jedem Fall nur unter strengen Auflagen wie der Einhaltung strenger Hygienevorschriften möglich sein.“

Als wichtige flankierende Maßnahmen nennen die Analysten einen praktisch flächendeckenden Einsatz von Schnelltests, ein rascheres Reagieren auf lokale Entwicklungen, eine schnelle Kontakt-Nachverfolgung und besonders die Erweiterung der Corona-Warn-App um Zusatzfunktionen. „Das Virus hat Mutanten eingewechselt und beschert uns nun eine Verlängerung. Die Impfstoffe werden uns also wohl erst im Elfmeterschießen retten“, so Burkert.

„Ein längerer Lockdown kostet uns unnötig Wachstum“

Erstmals kalkulierten die Analysten die Auswirkungen des neuerlichen Lockdowns auf die Konjunktur. Sollten die Inzidenzzahlen Anfang März steigen, steht die Politik vor der Entscheidung, die Ausgangssperre zu verlängern oder die steigenden Zahlen zu tolerieren, obwohl diese und die damit verbundene öffentliche Kritik bis in den Mai anhalten könnten. „Ein längerer Lockdown kostet uns unnötig Wachstum“, betont Burkert. Werden die Einschränkungen im März zumindest leicht gelockert, würden die Analysten ihre BIP-Prognose für 2021 nur von bislang 3,0 auf 2,5 Prozent senken. Bleibt die Ausgangssperre aber bis Mai erhalten, erwarten sie nur noch ein Plus von 0,5 Prozent. Angesichts des statistischen Überhangs aus dem Vorjahr von 1,7 Prozent würde eine Fortsetzung des Lockdowns also das Wirtschaftswachstum um weitere 1,2 Prozent schrumpfen lassen, nachdem es 2020 bereits um 4,9 Prozent eingebrochen war.

Die Präsentation der drei Autoren finden Sie unter Downloads oder unter der Adresse: www.lbbw.de/2021-studie-corona-impfkampagne.

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