19.11.2019

Klimaziel verfehlt: Autofahrern drohen pro Jahr Zusatzkosten

Pressemitteilung

Als einzigem Bereich ist es dem Verkehrssektor in den vergangenen Jahren nicht gelungen, seinen Schadstoffausstoß zu reduzieren. Damit kommen auf Deutschland nach EU-Recht ab dem kommenden Jahr Strafzahlungen zu, die nach einer Schätzung des LBBW Research für die deutschen Autofahrer zu rasch steigenden Mehrbelastungen führen. Bis 2030 dürfte die Bundesregierung jährlich einen zweistelligen Milliardenbetrag zahlen, den sie auf die Autofahrer abwälzen wird, erwartet Automobilanalyst Gerhard Wolf. Er rechnet in einer Studie mit einer jährlichen Mehrbelastung von mindestens 213 Euro pro Pkw.

Eine Vielzahl unterschiedlicher Branchen wie die Industrie, Energieversorger oder die Landwirtschaft haben in den letzten Jahren gezeigt, wie erfolgreiche Schadstoff-Reduzierung geht. Nur im Verkehrssektor sind die CO2-Emissionen in den vergangenen Jahren sogar gestiegen. Dadurch konnte Deutschland seinen Gesamtausstoß an Treibhausgasen nicht im gewünschten Maße senken. Zwar sind Pkw und Lkw heute in punkto Benzinverbrauch und Schadstoffausstoß eigentlich recht effizient. So ist beispielsweise der CO2-Ausstoß bei Lastern in den vergangenen 25 Jahren um knapp ein Drittel gesunken. Gleichzeitig ist jedoch die jährlich gefahrene Strecke aller Kraftfahrzeuge gestiegen. Dies hängt vor allem mit gesellschaftlichen Veränderungen wie der Urbanisierung zusammen. Ebenso bedeutsam ist die Zustellung von Post- und Paketsendungen durch den zunehmenden Online-Handel.

Verkehrsbereich verfehlt Klimaziel 2030 um 20 Prozent

Das selbstgewählte Sektorziel der Bundesregierung von jährlich maximal 98 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Ausstoß im Jahr 2030 könnte um 20 Millionen Tonnen und damit um gut 20 Prozent verfehlt werden, erwartet das LBBW Research. Mit dem Start des 2009 beschlossenen EU-Klima- und Energiepakets kommen ab 2020 damit steigende Strafzahlungen auf Deutschland zu. Die Bundesrepublik muss anderen Staaten, die ihre Ziele übererfüllen, Emissionsrechte abkaufen. Nach Ansicht des-LBBW Analysten kostet dies im kommenden Jahr anfänglich rund 200 Millionen Euro, im Jahr 2030 aber bereits einen Betrag in niedriger zweistelliger Milliardenhöhe. Gibt es nicht genug Emissionszertifikate von Ländern, die erfolgreicher als die Bundesrepublik sind, wie es zumindest 2020 der Fall sein dürfte, drohen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren und direkte EU-Vorgaben.

Diese Zusatzkosten wird der Bund auf die Autofahrer umlegen, vermutet Wolf. Egal in welcher Form, werden sie den Individualverkehr verteuern. Auf Basis der ab 2020 fälligen Millionenbeträge kalkuliert Wolf für den Anfang mit 6 Euro pro Jahr und PKW, die der Staat zum Beispiel durch eine verursachergerechte Erhöhung der Kfz-Steuer einfordern werde. Diese Kosten könnten für den Bürger bis 2030 auf 213 Euro ansteigen.

Kritisch blickt Gerhard Wolf auf die EU-Regeln, die den Autoherstellern flottenweite Schadstoffgrenzwerte vorgeben: „Es ist aus unserer Sicht fraglich, ob sie ausreichend sind, um die Gesamtemissionen des Verkehrssektors in dem Umfang zu senken, damit Deutschland in diesem Sektor seine Ziele erreicht.“ Dabei verweist er auf die erwartete Bevölkerungsentwicklung, die steigende Automobilnutzung und die wachsende Pkw-Dichte.

Flottengrenzwerte kosten Geld, bringen aber keine Wende

Strafzahlungen, die die Automobilhersteller für das Verfehlen ihrer Flottenvorgaben zahlen werden, dürften nach Wolfs Ansicht ebenfalls auf die Käufer abgewälzt werden. Anhand von zwei Beispielrechnungen, für einem VW Golf und einem Mercedes GLC, macht Wolf die Folgen deutlich. Der Golf verteuert sich demnach um 1900 Euro oder rund 8 Prozent. Für Käufer eines Mercedes GLC errechnet der Analyst rund 4000 Euro oder 9 Prozent Aufschlag.

Da die bestehenden Flottenregeln oder schadstoffärmere Fahrzeuge nicht ausreichend wirksam sind, müssen Wolf zufolge zusätzliche Anreize geschaffen werden, die Schadstoffverringerung im Verkehrssektor voranzutreiben. Neben der Förderung neuer alternativer Antriebe könnten dies verbrauchsabhängige Anreize sein. „Andere Länder sind hier mit einer verbrauchsabhängigen CO2-Steuer schon weiter als Deutschland“, mahnt Wolf.

Unumgänglich ist für ihn, dass das CO2 und sein Ausstoß bepreist werden. Dadurch wäre es möglich, klimaschädliches Verhalten monetär zu bestrafen. Dies wäre entweder über einen Ausgleichshandel mit Emissionszertifikaten oder mit einer CO2- Steuer möglich. Käme es zusätzlich zur Einführung einer CO2- Steuer, sind bei angenommenen 60 Euro pro Tonne CO2 vom Golf-Besitzer jährlich 104 Euro mehr zu entrichten, ein Mercedes- Fahrer zahlt 123 Euro höhere Steuern.