Der Begriff Industrie 4.0 fiel erstmals 2011 auf der Hannover Messe. Heute, sechs Jahre später, zeigen zahllose Unternehmen Tag für Tag, dass sie mit intelligenten Fertigungsmethoden und Produkten in einer Hochlohnregion erfolgreich sein können. Wie eine Studie der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) zeigt, wachsen diese Industrie-4.0-Unternehmen außerdem schneller und nachhaltiger als andere Industrieunternehmen. „Der Industrie-4.0-Markt wächst für deutsche Systemanbieter bis 2022 pro Jahr um 7 Prozent auf 29 Milliarden Euro“, urteilt LBBW-Chefvolkswirt Uwe Burkert in der am Freitag in Stuttgart veröffentlichten Studie. Er rechnet wegen des hohen Innovationstempos mit einem vergleichsweise stabilen und außergewöhnlich lang anhaltenden Wachstum. Das normale Industriewachstum liegt demgegenüber eher im Bereich von ein bis zwei Prozent.
Die optimistische Prognose basiert auf dem Produktivitätspotenzial, das von vernetzten Fertigungstechniken und Produkten ausgeht, urteilt das LBBW Research. Zwar hätten nicht alle 4.0-Konzepte die notwendige Praxisreife. Langfristig würden aber immer mehr Ansätze in die industrielle Praxis eingeführt und sollten dort auf der Produktebene (z.B. Komponenten oder Maschinen) und auf der Fertigungsebene positiv wirken. Dies gilt nach Ansicht der Analysten umso mehr, als entsprechende Konzepte in einer steigenden Zahl von Bereichen der Entwicklung und Fertigung eingesetzt werden. Als Beispiel verweisen die Analysten vor allem auf das Geschäft mit maschinennaher Software, das überdurchschnittlich wachse. So kann eine Software zur Analyse von Betriebsdaten bereits heute mittels Tausender Sensoren den Zustand eines Maschinenparks erfassen und dynamische Wartungspläne erstellen. Dies steigert die Verfügbarkeit und senkt Ausfallzeiten und Wartungskosten.
Hohe Kosten und Personalfragen bremsen
Gegen einen noch stärkeren und rascheren Siegeszug von Industrie-4.0-Konzepten sprechen nach Ansicht des LBBW Researchs nicht nur hohe Startinvestitionen. Häufig benötigen Industrie-4.0-Projekte zuerst Erweiterungen der IT-Infrastruktur wie firmenweite WLAN-Verbindungen, neue digitale Plattformen für die Entwicklung und Produktion oder die Einführung einer kontaktlosen RFID-Infrastruktur. Der digitale Wandel ist aber auch eine Herausforderung auf personeller Ebene, weil die Mitarbeiter im Umgang mit neuen Fertigungsmethoden und riesigen Datenmengen speziell geschult werden müssen. Dies fällt umso schwerer, wenn ein Unternehmen oder eine ganze Branche bereits unter einem Fachkräftemangel leidet.