03.02.2023
Neue Regeln im nationalen Emissionshandel für den Wärme- und Verkehrssektor
Die Bundesregierung entlastet Haushalte und Unternehmen, um die gestiegenen Energiepreise abzupuffern. Nur wer mit Kohle heizt, wird jetzt stärker belastet.
Mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) hat die vormalige Bundesregierung ein nationales Handelssystem für den CO₂ -Ausstoß in der Wärmeversorgung und im Straßenverkehr geschaffen. Seit 2021 muss für jede Tonne Kohlendioxid, die hierzulande durch das Verbrennen von Benzin, Diesel, Heizöl, Erd- oder Flüssiggas freigesetzt wird, ein CO₂ -Zertifikat vorgelegt werden. Dafür sind die Verkäufer der Kraft- und Brennstoffe verantwortlich. Sie geben diese Kosten an ihre Kunden weiter. Das System ergänzt den europäischen CO₂ -Zertifikatehandel (EU ETS), der ausschließlich Emissionen aus Stromerzeugung und Industrieanlagen erfasst.
Am 1. Januar 2023 sind beim BEHG einige Änderungen in Kraft getreten. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick.
CO₂-Preis bleibt 2023 konstant
Anders als beim EU ETS gelten beim deutschen Handelssystem für die CO₂-Zertifikate fixe Preise, die von Jahr zu Jahr steigen. Nun hat der Bund die für 2023 vorgesehene Erhöhung von 30 auf 35 Euro pro Tonne Kohlendioxid ausgesetzt. Das hat Folgen für den weiteren Preispfad: Im kommenden Jahr sind nicht wie geplant 45 Euro, sondern nur 35 Euro zu zahlen; 2025 sind es dann 45 Euro statt 55 Euro. Damit will die Bundesregierung die Haushalte und Unternehmen bei den derzeit hohen Energiekosten entlasten. „Klimaschutz geht nicht ohne soziale Gerechtigkeit, beides muss immer Hand in Hand gehen“, sagt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.
CO₂-Zertifikate auch für Kohle und Abfall
Seit Jahresbeginn unterliegt nun auch Kohle dem nationalen Emissionshandel. Das betrifft rund 160.000 Haushalte in Deutschland – so viele heizen laut Statistischem Bundesamt immer noch mit Braun- oder Steinkohle. Die in Kohlekraftwerken produzierte Fernwärme ist von der Neuregelung nicht betroffen, da die Anlagen auch Strom erzeugen und deshalb ohnehin am EU-Emissionshandel teilnehmen müssen.
„Verbrennermotoren können deutsche Autobauer richtig gut, doch die sind nicht mehr gefragt“, sagt Prof. Dr. Volker Quaschning von der HTW Berlin im Talking-Transformation-Interview der LBBW. Weil zu spät auf E-Mobilität gesetzt wurde, fragt sich Quaschning, „welche deutschen Automobilhersteller die nächsten zehn Jahre überleben werden“.
Ursprünglich war vorgesehen, auch CO₂-Emissionen aus dem Verfeuern von Abfall in Müllverbrennungsanlagen in das Handelssystem aufzunehmen, da die dabei entstehende Wärme oft in Fernwärmenetze gespeist wird. Das hat die Bundesregierung jedoch auf 2024 verschoben. Ein zentraler Grund dafür ist, dass die Entsorger signalisiert haben, die CO₂-Kosten auf die Abfallgebühren aufzuschlagen. Angesichts der hohen Energiekosten will der Bund den Bürgern derzeit keine zusätzlichen Lasten auferlegen. Ob die Zertifikatspflicht für Abfall 2024 tatsächlich kommen wird, dürfte stark davon abhängen, wie sich die Lebenshaltungskosten in diesem Jahr entwickeln werden.
Neues EU-Handelssystem wird BEHG ersetzen
Das nationale BEHG hat ein Verfallsdatum: Ab 2027 führt die EU ein eigenes Handelssystem für CO₂-Emissionen aus Wärmeversorgung und Straßenverkehr ein. Das deutsche System wird dann durch die europäische Regelung ersetzt. Für die Verbraucher ist das eine gute Nachricht, da die EU den Zertifikatspreis bis 2030 auf 45 Euro begrenzen wird. Im BEHG ist dagegen für 2026 eine Spanne von 55 bis 65 Euro festgesetzt. Mit Einführung des EU-Systems sinken also die Kosten für die heimischen Haushalte und Unternehmen.
Vermieter müssen jetzt Teil der CO₂-Kosten übernehmen
Unabhängig von der Novelle des BEHG gilt beim nationalen Emissionshandel seit 1. Januar 2023 eine weitere Neuerung, die viele Millionen Menschen direkt betrifft: Vermieter müssen seit Jahresbeginn einen Teil der CO₂-Kosten übernehmen, die beim Heizen mit Öl und Gas anfallen. Bis Ende 2022 mussten die Mieter diese Last allein schultern. Wie sich die Kosten auf Vermieter und Mieter verteilen, hängt von der energetischen Qualität des Gebäudes ab. Dabei gilt ein Stufenmodell: Je ineffizienter das Haus ist, desto höher ist der Anteil, den der Vermieter tragen muss. Das soll Hausbesitzern einen Anreiz geben, ihre Immobilien energetisch zu sanieren.