Wegen Ukraine-Krieg: Bundesregierung will Energiewende beschleunigen

Der Angriff Russlands auf die Ukraine markiert auch eine Zeitenwende in der deutschen Energiepolitik.

Gaskugeln als Energiespeicher auf einem Fabrikgelände

Aufgrund der Invasion will die Bundesrepublik unabhängiger von russischen Energie-Importen werden. Die Lösung: ein massiver Ausbau der erneuerbaren Energien.

In Deutschland ist die Abhängigkeit von russischen Rohstoffen im europäischen Vergleich besonders groß. Aktuell bezieht die Bundesrepublik 55 Prozent ihres Erdgases, 30 Prozent ihres Erdöls und 46 Prozent ihrer Steinkohle aus Russland. Im EU-Durchschnitt sind es 40 Prozent Gas, 35 Prozent Öl und 40 Prozent Kohle. Die Ampel-Regierung will so schnell wie möglich unabhängiger von Russland werden und setzt dabei auf eine beschleunigte Energiewende. Das Bundeswirtschaftsministerium hat bereits ein entsprechendes Gesetz ausgearbeitet, das sich gerade in der Ressortabstimmung befindet. Es sieht vor, dass deutscher Strom bis 2035 fast komplett aus erneuerbaren Quellen stammen soll. Bisher war geplant, die Energiewende im Einklang mit dem europäischen „Green Deal“ und dem Maßnahmenpaket „Fit for 55“ vor 2050 abzuschließen. Um das neue Ziel zu erreichen, soll bis 2030 die Windenergie an Land verdoppelt, zur See sogar vervierfacht werden. Letzteres gilt auch für die Leistung von Solaranlagen.

2035

Strom in Deutschland soll bis 2035 fast komplett aus erneuerbaren Quellen stammen.

Bund will Energiewende stärker finanziell fördern

Den dafür nötigen Zubau sollen eine Reihe von Maßnahmen gewährleisten. So ist geplant, die Errichtung neuer Anlagen weiterhin per Ausschreibung zu fördern und deren Volumen an die höheren Zielmarken anzupassen. Den Zuschlag erhält wie bisher derjenige, der mit den geringsten Einspeisevergütungen auskommt. Ausnahmen soll es aber künftig für von Bürgern finanzierte Wind- oder Solarparks geben. Zudem soll die Stromerzeugung mit Photovoltaik attraktiver werden, etwa durch höhere Vergütungen für Anlagen auf privaten Dächern.

Die Kosten für die Energiewende wird der Bund künftig stärker selbst übernehmen. Vor Kurzem hatte die Ampel-Koalition beschlossen, die Ökostrom-Umlage von 3,7 Cent pro Kilowattstunde zum 1. Juli 2022 abzuschaffen. Das entsprechende Gesetz befindet sich ebenfalls gerade in der Ressortabstimmung. Um die Verbraucher auch wirklich zu entlasten, werden darin Versorger verpflichtet, die Kostensenkung komplett an ihre Kunden weiterzugeben.

Bau von zwei neuen Terminals für Flüssigerdgas geplant

Kurz- bis mittelfristig bleibt Deutschland allerdings auf fossile Energie angewiesen, um die Versorgungssicherheit im Land zu gewährleisten. Auch wenn die Bundesregierung die Zertifizierung der umstrittenen Gas-Pipeline Nord Stream 2 gestoppt hat, ist ein völliger Verzicht auf russische Energie derzeit nicht geplant. Um dennoch die Abhängigkeit von Energieimporten aus Russland zu reduzieren, nimmt die Bundesregierung verstärkt Alternativen in den Blick. So hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Bau von zwei Terminals für Flüssigerdgas (LNG) in Deutschland angekündigt. Damit soll die LNG-Versorgung aus den USA oder Katar erleichtert werden. Aufgrund des Kriegs in der Ukraine wird außerdem über eine längere Laufzeit für Kohle- und Atomkraftwerke diskutiert – bisher ohne Ergebnis.