Nachhaltigkeit – der neue Gold-Standard

Ob als Schmuck, in Form von Münzen, Barren oder als Wertpapier: Gold ist begehrt. Doch passt das Edelmetall auch zu einer nachhaltigen Lebensweise?

Ein Stück Gold liegt in Handfläche

In der Tübinger Meistergoldschmiede Grüngold ist der Name Programm. Denn die beiden Inhaber Anne Römer und Hannes Brötz verarbeiten mit ihrem Team bei der Fertigung feinster Schmuckstücke nur umweltschonend abgebaute und fair gehandelte Rohstoffe. Dazu gehört zum Beispiel Fairmined-Eco-Gold aus der Oro-Puno-Bergbaukooperative in Peru. Beim Schürfen kommt ausschließlich die Schwerkraft zum Einsatz: Das Gold aus der Mine wird allein mit Waschschüsseln, Rinnen oder Rütteltischen vom Gestein getrennt und nicht wie üblich mit giftigen Chemikalien. In den Kooperativen gelten zudem hohe Arbeitsschutzstandards. Kinderarbeit ist verboten, Frauen und Männer arbeiten gleichberechtigt zu fairen Löhnen.

Nachhaltigkeitsdruck für Minen und Handel wächst

„Das Thema Nachhaltigkeit spielte am Goldmarkt sehr lange keine wichtige Rolle. Das ändert sich langsam“, sagt Dr. Frank Schallenberger, Leiter Commodity Research bei der LBBW. „In den vergangenen Jahren ist eine Reihe von Initiativen entstanden, die die alte Leidenschaft der Menschen für das Edelmetall mit den neuen Prinzipien einer nachhaltigeren Lebensführung vereinbaren soll“, erläutert der Rohstoff-Experte. Er hat in einer Studie verschiedene Nachhaltigkeits-Siegel untersucht.

„Das Thema Nachhaltigkeit spielte am Goldmarkt sehr lange keine wichtige Rolle. Das ändert sich langsam“

Frank Schallenberger, Leiter Commodity Research bei der LBBW

Einer der Vorreiter ist die „Responsible Gold Guidance“ (RGG) der London Bullion Market Association (LBMA) aus dem Jahr 2012. Als Teil des LBMA-Programms für verantwortungsvolle Beschaffung setzt sie seither strenge Regeln für den Handel am London Bullion Market, dem ältesten und größten außerbörslichen Handelsplatz für Gold und Silber. Die RGG sollte zunächst vor allem sicherstellen, dass in London gehandeltes Gold nicht in Verbindung zu Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder Menschenrechtsverletzungen steht. Seit 2018 wurden die Richtlinien schrittweise um ESG-Kriterien („Environment“, „Social“, „Governance“ = Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) erweitert. Alle Raffinerien, die am London Bullion Market handeln, müssen das LBMA-Programm umsetzen.

Goldbarren in einem geöffneten Schließfach

Die wichtigste Lobbyorganisation der Goldproduzenten, der World Gold Council (WGC), hat ebenfalls Prinzipien festgelegt, die zu mehr Nachhaltigkeit bei der Golderzeugung führen sollen. Im Rahmen der „Responsible Gold Mining Principles“ etwa verpflichten sich Minenunternehmen zu einer fairen Unternehmensführung, die Korruption ausschließt und auch die Zulieferer in Sachen Nachhaltigkeit überprüft. Daneben müssen soziale Aspekte wie die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter sowie Menschen- und Arbeitsrechte berücksichtigt werden. Zudem soll die Goldförderung mit Rücksicht auf das jeweilige Ökosystem möglichst umweltschonend erfolgen.

Gold–Schmuck statt Barren

Wofür Gold verarbeitet wird, Anteile in Prozent

Quelle: ICE Benchmark Administration, Metals Focus, Refinitiv GFMS, World

Wie Käufer Gold aus nachhaltiger Produktion erkennen

Im internationalen Goldhandel existiert mittlerweile eine Reihe von Kennzeichnungen. Sie sollen es auch Privatkäufern ermöglichen, das Einhalten von Nachhaltigkeitskriterien bei der Förderung, Verarbeitung und beim Verkauf des Edelmetalls zu erkennen. Diese gehen teilweise sogar über den LBMA-Standard hinaus. Für solchermaßen zertifiziertes Gold muss in der Regel ein Preisaufschlag einkalkuliert werden.

Die wichtigsten Nachhaltigkeitszertifizierungen für Goldkäufer

Das Fairtrade-Siegel kennzeichnet Waren, die aus fairem Handel stammen und bei deren Herstellung bestimmte soziale, ökologische und ökonomische Kriterien eingehalten werden. Bei Goldschmuck oder auf Barren stellt es sicher, dass das Edelmetall fair abgebaut und gehandelt wurde und in allen Produktionsschritten direkt rückverfolgbar ist. Mehr Infos: www.fairtrade-deutschland.de

Mit dem Fairmined-Gütesiegel der Alliance for Responsible Mining wird Gold aus verantwortungsvollen Kleinbergbauorganisationen zertifiziert, die zur sozialen Entwicklung und zum Umweltschutz beitragen. Dabei sollen flexible Modelle den unterschiedlichen Bedürfnissen der Unternehmen gerecht werden. Das Zertifizierungssystem wird durch unabhängige akkreditierte Zertifizierungsorganisationen abgesichert. Auch Unternehmen, die mit Fairmined Gold arbeiten und dies kommunizieren möchten, werden überprüft. Mehr Infos: https://fairmined.org/de/

Unter dieser Bezeichnung werden Goldbarren der Schweizer Scheideanstalt Valcambi vertrieben, deren Gold aus unter Nachhaltigkeitskriterien überprüften Minen stammt. Dabei wird die gesamte Wertschöpfungskette von der Goldmine über den Transport bis hin zur Raffination und Prägung der Barren zum Beispiel im Hinblick auf den Einsatz von Chemikalien, den Stromverbrauch und den CO2-Ausstoß dokumentiert und zertifiziert. In Deutschland wird Green Gold unter der Markenbezeichnung Auropelli Responsible Gold in Kooperation mit der deutschen ESG Scheideanstalt vertrieben. Mehr Infos: www.responsible-gold.de

Noch ist längst nicht alles nachhaltiges Gold, was glänzt. Geschätzt nur etwa ein Prozent der weltweiten Goldproduktion erfüllt aktuell entsprechende Zertifizierungskriterien. Doch der Anteil wird in Zukunft steigen, sagt Schallenberger voraus. Dafür sorgen zum einen regulatorische Anforderungen wie etwa die EU-Taxonomie – sie definiert seit Jahresbeginn 2022 für Unternehmen und Finanzmarktakteure, was ökologisch nachhaltiges Wirtschaften ausmacht. Zum anderen wächst bei vielen Verbrauchern das Interesse an einer nachhaltigeren Lebensführung. Das könnte auch die Nachfrage nach fair gehandeltem „grünem“ Gold beflügeln – Schmuck und Investments standen zuletzt für rund 80 Prozent der weltweiten Goldnachfrage. Über kurz oder lang könnte Nachhaltigkeit so zum neuen Gold-Standard werden.