Wasser marsch!

Neue bewässerte Felder im Nildelta machen Ägypten unabhängiger von Nahrungsimporten. Die Pumpen kommen von KSB; um die Risikoabsicherung kümmert sich die LBBW.

Staudamm in Ägypten

Die Menschen in Ägypten ausreichend mit Nahrungsmitteln zu versorgen, wird schwieriger. Die Einwohnerzahl Ägyptens hat sich seit 1960 mehr als vervierfacht, auf 111 Millionen Menschen. Das Land ist zweitgrößter Importeur von Weizen – 80 Prozent kamen vor dem Krieg aus der Ukraine und aus Russland. Jetzt steigen die Preise. Also liegt es nahe, die eigenen Anbaugebiete auszuweiten. Genau das passiert derzeit im Nildelta. „Die landwirtschaftliche Fläche wird um insgesamt rund 6880 Quadratkilometer erweitert und bewässert“, sagt Steffen Gülcher, Projektleiter bei KSB. Das ist eine Fläche mehr als doppelt so groß wie das Saarland. Der Frankenthaler Spezialist für Pumpen und Armaturen liefert für die erste Ausbaustufe, die rund 1500 Quadratkilometer umfasst, 56 Pumpen ins Nildelta. Und die LBBW sorgt dafür, dass das Projekt nicht an den finanziellen Risiken für KSB scheitert.

Der Nil ist seit Jahrtausenden die Lebensader Ägyptens. Mehr als 90 Prozent des verwendeten Wassers stammt aus dem mächtigen Fluss. Dessen Wasserqualität wird allerdings immer schlechter, je näher er dem Nildelta kommt. Sämtlicher Abfall landet ungefiltert im Fluss. Ein Viertel des Mülls, der im Mittelmeer landet, kommt aus dem Nil. Das ist keineswegs das einzige Problem: Viele Bauern verwenden traditionelle Bewässerungsmethoden, bei denen die Felder periodisch geflutet werden. Sie von effizienteren Methoden zu überzeugen ist schwierig, insbesondere wenn das Geld für die dafür notwendigen Investitionen, etwa in Rohre und Schläuche, fehlt. Außerdem sind viele der Bewässerungsanlagen veraltet, Wasser versickert ungenutzt.

90 %

des in Ägypten verwendeten Wassers stammt aus dem Nil.

Das Wasser aus der Kläranlage

Verschwendung will das neue Megaprojekt vermeiden, das 7 Milliarden Euro kosten soll. Dabei wird das Wasser nicht dem Nil entnommen, sondern kommt aufbereitet aus einer Kläranlage. Ägypten baut im Nildelta zwei der weltweit größten Aufbereitungsanlagen: Bahr El-Baqar soll mit 5,7 Millionen Kubikmetern pro Tag rund 400.000 Hektar bewässern, die Anlage in El Hammam sogar 500.000 Hektar mit täglich sechs Millionen Kubikmetern Wasser.

Die Herausforderung: das Wasser von der Anlage aufs Feld zu bringen. Über einen Kanal gelangen sie zu insgesamt zwölf Pumpstationen – vier davon kommen von KSB – mit jeweils mehreren Pumpen. Zwischen fünf bis zehn dieser Pumpen pro Station sind im Normalfall in Betrieb und leiten sekündlich fünf bis acht Kubikmeter Wasser pro Maschine weiter.

Seit Juni 2023 fließt das erste Wasser

Die Verträge mit KSB wurden im Februar 2022 unterzeichnet, im Dezember wurden die ersten Pumpen installiert. In den ersten Monaten des Folgejahres wurden 56 Maschinen geliefert, und im Juni floss bereits das erste Wasser. Bis Ende 2023 sollen alle Pumpen ausgeliefert worden sein. „Aus heutiger Sicht sollte das auch klappen“, sagt Projektleiter Gülcher.

Das ist ein nachhaltiges Projekt, auf das wir durchaus stolz sind, weil es die Nahrungssicherheit in der Region erhöht.

Steffen Gülcher, Projektleiter bei KSB

Die Zuversicht, die Gülcher heute versprüht, war ihm zwischendurch etwas abhandengekommen. Etwa als die ägyptische Regierung ganz schnell finanzielle Garantien forderte. Genauer gesagt: acht Garantien innerhalb von drei Tagen. „Eigentlich unmöglich“, sagt Ralf van Velzen, Leiter der Exportfinanzierung bei KSB. „Ich weiß bis heute nicht, wie die LBBW das hingekriegt hat.“ Denn die LBBW kann die Garantien ja nicht selbst ausstellen.

„Die Herausforderung bestand darin, die lokale Bank zu überzeugen, dass sie so schnell die Garantie herauslegt“, erinnert sich Kushdeep Singh, Auslandskundenberater bei der LBBW, an jene adrenalin-getriebenen Tage. Der Vorteil der LBBW: Sie hat bereits einige ähnlich komplexe Projekte abgewickelt, auch in Ägypten. Die Kontakte zur ägyptischen Bank sind eingespielt. „Man kennt sich“, sagt Singh. Im Gespräch bezieht er sich gern auf Vorgängerprojekte: „Schau mal, das haben wir letztes Jahr schon mal so gemacht. Jetzt müssen wir das nur noch kopieren und kriegen das dann innerhalb kürzester Zeit hin.“ Und dann klappt das auch.

Wir kennen unsere Ansprechpartner bei der ägyptischen Bank. Das hilft, um Prozesse zu beschleunigen.

Kushdeep Singh, Auslandskundenberater bei der LBBW

Im Falle des Ägypten-Projekts der KSB klappte es sogar zweimal, denn auch das Akkreditiv lief über die LBBW. Akkreditive sichern Zahlungen bei Auslandsgeschäften ab, indem die Bank des Importeurs ein abstraktes Zahlungsversprechen gibt. Damit ist statt des Kunden dessen Bank in der Pflicht. Die Bank überweist die vereinbarte Summe, sobald die im Akkreditiv vereinbarten Bedingungen erfüllt sind. „Auch für das Akkreditiv war die Frist sehr eng gesetzt. Das war eigentlich fast unmöglich umzusetzen“, sagt LBBW-Auslandskundenberater Singh, „aber innerhalb von drei, vier Tagen haben alle bank-internen Stellen ihr Go gegeben.“ Denn wenn es gehen muss, geht es auch.

Die KSB-Pumpen laufen 50 Jahre

Wenn die Pumpen von KSB erst einmal pumpen, dann pumpen sie. „Der Motor läuft ein Jahr lang durch, Wartung brauchen die Maschinen eigentlich kaum“, sagt KSB-Projektleiter Steffen Gülcher. 25 Jahre können die Pumpen und damit die Pumpstationen problemlos ihren Dienst verrichten, mit etwas Pflege sogar 50 Jahre.

„Das ist ein nachhaltiges Projekt, auf das wir durchaus stolz sind, weil es die Nahrungssicherheit in der Region erhöht“, sagt Gülcher. Vielleicht ist dieses Projekt sogar ein Schritt vorwärts bei einem ausgesprochen ambitionierten Ziel Ägyptens: sich vom Importeur zum Exporteur von Weizen und anderen Nahrungsmitteln zu entwickeln.