Dekarbonisierung: mehr als der Ausbau der erneuerbaren Energien

Strom, Wärme, Verkehr: Die Dekarbonisierung des Energiesystems in Deutschland verlangt, in allen Bereichen fossile durch erneuerbare Energien zu ersetzen.

Parkplatz mit Ladestationen für Elektroautos

Windräder höher als der Kölner Dom, riesige Solarparks und Biogas-Gärbehälter so groß wie der benachbarte Bauernhof: Das sichtbarste Zeichen der Dekarbonisierung in Deutschland sind die Anlagen für erneuerbare Energien, die Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke ersetzen. Der Umbau des Energiesystems konzentriert sich nicht allein auf Strom – zur Definition der Energiewende gehört auch, die Bereiche Wärme und Verkehr klimafreundlicher zu gestalten. So stammen heute erst 17 % der Heizwärme sowie der Prozesswärme in der Industrie aus erneuerbaren Quellen. Beim Verkehr liegt der Anteil gar nur bei 7 %.

Warten auf die Wärmewende – Anteil der erneuerbaren Energien bei Strom, Wärme und Verkehr

Mit Strom das Energiesystem in Deutschland dekarbonisieren

Der Wärme- und der Verkehrssektor werden bislang nach wie vor von fossilen Brenn- und Kraftstoffen dominiert. Der Königsweg zur Energiewende liegt darin, sie durch den Einsatz von grünem Strom zu dekarbonisieren. Das verlangt einen Technologiewechsel – von Gas- und Ölkessel zu Wärmepumpen oder von Verbrennungsmotoren zu Elektroantrieben. Dieser Umstieg erfordert zwar erhebliche Investitionen. Dafür ist der Einsatz von Strom aber weit effizienter als der von Erdgas und Heizöl sowie Benzin und Diesel. Die Elektrifizierung des Wärme- und des Verkehrssektors – die sogenannte Sektorenkopplung – bietet darüber hinaus aber noch einen weiteren großen Vorteil: Sie macht das gesamte Energiesystem in Deutschland flexibler. Auch damit hat sie große Bedeutung für die Energiewende.

Mit dem Umstieg auf erneuerbare Energiequellen gelten ganz neue Regeln: Richtet sich die Stromerzeugung in der fossilen Energiewelt nach dem Bedarf, so muss sich der Verbrauch künftig daran orientieren, welche Leistung die wetterabhängigen Windräder und Solaranlagen gerade liefern. Wird Strom auch in der Wärmeversorgung und im Verkehr eingesetzt, so eröffnet das neue Spielräume, Erzeugung und Verbrauch in Einklang zu bringen. So lässt sich Strom bei einem Überangebot zum Beispiel in Batterien von Elektroautos speichern oder als Wärme in Gebäuden.

Bedarf an „grünem" Wasserstoff in Deutschland in Terawattstunden (Prognose)

Grüner Wasserstoff als Alternative

Ein Allheilmittel ist die Elektrifizierung jedoch nicht – für manche Anwendungen ist Strom schlichtweg ungeeignet. Dazu zählt etwa die Erzeugung von Hochtemperaturwärme, auf die viele Industrieprozesse angewiesen sind. Die Anlagen gehören zu den größten CO₂-Emittenten. Dasselbe gilt für den Flug- und Schiffsverkehr, wo, von Ausnahmen abgesehen, nur Flüssigkraftstoffe die nötigen Energiemengen bereitstellen können. Hier kommen stattdessen künftig grüner Wasserstoff und darauf basierende Kraft- und Brennstoffe wie E-Fuels zum Einsatz. Sie sind klimaneutral, weil der Wasserstoff per Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird. Zugleich kann die Elektrolyse das Energiesystem in Deutschland flexibler machen: Wenn gerade mehr Wind- oder Solarstrom produziert wird, als die Verbraucher benötigen oder die Stromnetze aufnehmen können, stehen die Anlagen bereit, um damit Wasserstoff zu erzeugen.

Allerdings wird Deutschland nur einen Bruchteil des benötigten Wasserstoffs und seiner Folgeprodukte selbst erzeugen können. Der Bedarf wird vor allem durch Importe aus Ländern wie Kanada, Australien oder Marokko gedeckt werden müssen, die bessere Bedingungen für die Erzeugung bieten. Sie werden damit zu unverzichtbaren Partnern auf dem Weg zur Energiewende.

70 %

des benötigten Wasserstoffs wird Deutschland noch 2040 importieren müssen, prognostizieren Forschungsinstitute.

Energieeffizienz reduziert Kosten der Energiewende

Neben der Dekarbonisierung durch den Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien gibt es aber noch eine zweite Stellschraube, die ebenso große Bedeutung für Energiewende und Klimaschutz hat: die Verbesserung der Energieeffizienz.

Ob Strom, Wärme oder Verkehr, ob Haushalte, Unternehmen oder öffentliche Einrichtungen: In allen Bereichen gibt es unzählige Möglichkeiten, Energie einzusparen – und zwar so, dass sich die Investitionen in Effizienztechnologien in einem überschaubaren Zeitraum bezahlt machen. Auch volkswirtschaftlich lohnt sich Effizienz, da jede eingesparte Kilowattstunde Energie den Bedarf an Windrädern, Solaranlagen und Elektrolyseuren (für den Wasserstoff), an Stromleitungen, Netztechnik und Batterien reduziert. Nicht zuletzt stärkt Energieeffizienz die Versorgungssicherheit, weil unsere Volkswirtschaft damit unabhängiger von Energieimporten wird.