So will die EU die Fertigung von Klimaschutztechnologien in Europa stärken

Die EU-Kommission will den Mitgliedsstaaten erlauben, für Klimaschutzinvestitionen mehr Subventionen zu gewähren. Der Plan hat jedoch eine große Schwäche.

Mann mit Frau in Industriehalle

Klimaschutz als Turbo für die US-Industrie: Mit dem „Inflation Reduction Act“ (IRA), im August 2022 auf den Weg gebracht, stellt die US-Regierung insgesamt 369 Milliarden Dollar für Investitionen in erneuerbare Energien, Energieeffizienz, die Wasserstoffwirtschaft und andere Klimaschutz¬maßnahmen bereit. Die Anreize für Investitionen in grüne Zukunftstechnologien verschaffen US-Unternehmen einen globalen Wettbewerbsvorteil. Die Europäische Union (EU) muss kontern, um den Wirtschaftsstandort Europa attraktiv zu halten. Die Gefahr: Unternehmen investieren künftig bevorzugt jenseits des Atlantiks, da die IRA-Mittel nur fließen, wenn die subventionierten Technologien ganz oder teilweise in den USA gefertigt werden.

Ihren Entwurf für eine europäische Industriestrategie, die dem IRA Paroli bieten will, hat die EU-Kommission im Februar 2023 vorgestellt. Deren wichtigstes Element ist das Beihilferecht: Die EU räumt den Mitgliedsstaaten mehr Spielraum ein, Subventionen zu gewähren. Bislang sind die Regeln recht strikt. Regierungen müssen nationale Förderungen von der EU-Kommission genehmigen lassen. Das soll einen Subventionswettlauf verhindern. Künftig soll die Praxis für grüne Branchen und Technologien befristet liberalisiert werden.

Darüber hinaus will die EU-Kommission konkrete Ziele für den Aufbau von Produktionskapazitäten für grüne Technologien bis 2030 setzen. Das soll die bislang vielfach starke Abhängigkeit von Importen aus Übersee reduzieren – Solarzellen zum Beispiel kommen heute zu 97 Prozent aus China.

Weniger Bürokratie, mehr Tempo beim Klimaschutz

Die EU-Kommission will zudem die Genehmigungsverfahren für neue Werke straffen sowie Aus- und Weiterbildungen fördern, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Es soll einfacher werden, Qualifikationen in anderen EU-Staaten anerkennen zu lassen. Zudem will sich die Kommission dafür einsetzen, europäische Normen verstärkt global durchzusetzen. Das soll die Markteinführung innovativer Technologien made in Europe vereinfachen.

170 Mrd. Euro

beträgt der Investitionsbedarf laut EU-Kommission für Erneuerbare-Energien-Anlagen, Speicher und Wasserstofftechnologien.

„Wir haben die einmalige Gelegenheit, mit Tempo, Ehrgeiz und Zielstrebigkeit den Weg zu weisen, um die industrielle Führungsrolle der EU im schnell wachsenden Sektor der CO₂-neutralen Technologien zu sichern“, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der Präsentation des Plans. Den Investitionsbedarf bei Erneuerbare-Energien-Anlagen, Speichern und Wasserstofftechnologien beziffert die EU-Kommission auf insgesamt 170 Milliarden Euro.

EU nimmt Mitgliedsstaaten beim Klimaschutz in die Pflicht

So sinnvoll Maßnahmen wie der Aufbau europäischer Fertigungskapazitäten für Schlüsseltechnologien der Energiewende oder die Entbürokratisierung der Genehmigungsverfahren auch sind: Bei der wichtigsten Aufgabe, der finanziellen Förderung von Investitionen, spielt die EU mit ihrer neuen Industriestrategie den Ball zurück an die Mitgliedsländer. Welche Mittel hier bereitstehen werden, hängt davon ab, was die nationalen Regierungen willens – und in der Lage – sind zu budgetieren.

Damit droht ein Subventionswettlauf. Finanzstarke Staaten wie Deutschland können weit mehr Mittel aufwenden als ärmere Länder. Vermutlich wird sich die Fertigung der grünen Schlüsseltechnologien daher in jenen Mitgliedsstaaten konzentrieren, die die höchsten Subventionen gewähren können. Die EU-Kommission ist sich dieses Problems bewusst. Deshalb schlägt sie in ihrer Industriestrategie vor, mehr EU-Mittel für die Förderung der europäischen Klimaschutzwirtschaft bereitzustellen. Wie dieser europäische Souveränitätsfonds gefüllt werden soll, lässt sie aber bislang offen.

Die Seite wurde am 02.03.2023 zuletzt aktualisiert.