Voith will Benchmark für Nachhaltigkeit werden

Der Technologiekonzern Voith managt Nachhaltigkeit global. Markus Schönberger vom Sustainability Office sagt, wie die Prozesse gesteuert werden.

Markus Schönberger vom Sustainability Office des Technologiekonzerns Voith

Herr Schönberger, Voith berichtet bereits seit 2009 über die Nachhaltigkeit im eigenen Unternehmen – und das, obwohl die Politik große Firmen laut der CSR-Richtlinie erst ab 2018 zu einer solchen Berichterstattung verpflichtet. Warum haben Sie sich schon so früh dazu entschieden?

Markus Schönberger: Voith gehört zu den großen Familienunternehmen in Europa. Seine Strategie ist seit jeher langfristig ausgerichtet und vom Prinzip der Nachhaltigkeit und einem klaren Bekenntnis zur unternehmerischen Verantwortung geprägt. Diesen Grundprinzipien wollen wir gerecht werden. Mehr noch: Voith soll sich zu einem Benchmark-Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit entwickeln. Wir geben deshalb schon seit vielen Jahren in unseren Nachhaltigkeitsberichten Auskunft über unser Handeln, die Fortschritte und Ziele.

Sie orientieren sich dabei am international anerkannten Leitfaden der Global Reporting Initiative (GRI). Deren Leitlinien sind recht umfangreich. Haben Sie anfangs Alternativen in Erwägung gezogen?

Markus Schönberger: Internationale Vergleichbarkeit war uns von Beginn an wichtig. Voith ist mit rund 19.000 Mitarbeitern in mehr als 60 Ländern mit Standorten vertreten. Seit dem ersten Nachhaltigkeitsbericht orientieren wir uns daher am international anerkannten GRI-Leitfaden. In vielen Bereichen gehen wir sogar weit über dessen Anforderungen hinaus. Wir definieren etwa klare Ziele und zeigen deren Erreichungsgrad auf, zum Beispiel was die Ressourceneffizienz betrifft.

Nachhaltigkeit ist für Unternehmen auch mit Kosten verbunden. Warum haben Sie den auf den ersten Blick hohen Aufwand trotzdem auf sich genommen?

Markus Schönberger: Wir bei Voith sind überzeugt davon, dass nur ein nachhaltiges Unternehmen auf Dauer erfolgreich sein kann – und dass nur ein erfolgreiches Unternehmen die Kraft hat, dauerhaft nachhaltig zu wirtschaften. In den vergangenen Jahren hat Voith seine Nachhaltigkeitsleistung kontinuierlich verbessert. Davon profitieren Umwelt und Unternehmen gleichermaßen. Allein durch Optimierungen in den Bereichen Energie, Abfall und Abwasser sparen wir – verglichen mit dem Stand vor vier Jahren – 11 Millionen Euro pro Jahr. Das birgt noch viel Potenzial. Nachhaltiges Handeln und wirtschaftlicher Erfolg gehören nicht bloß zusammen, sie bedingen sich gegenseitig.

2015 hat die Péter Horváth-Stiftung Voith den Green-Controlling-Preis verliehen. In welchen Bereichen konnten Sie seit der konsequenten Erfassung und Steuerung von ökologischen Kennzahlen die größten Fortschritte verzeichnen?

Markus Schönberger: Bei Voith haben wir den Zusammenhang zwischen ökologischem Nutzen und wirtschaftlichem Mehrwert frühzeitig erkannt. Bereits seit 2008 identifizieren wir entsprechende Effizienzpotenziale, machen sie mess- und steuerbar, erarbeiten konkrete Verbesserungen und setzen diese dann auch konsequent um. Unser konzernweites Green Controlling macht die Fortschritte transparent, denn damit bilden wir die klassischen Erfassungs-, Analyse- und Reportingprozesse ab. So schaffen wir für alle Aktivitäten im Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz eine Transparenz, wie man sie sonst nur im Finanzbereich kennt. Und das findet auch außerhalb unseres Unternehmens viel positive Resonanz – bis hin zu dem erwähnten Preis.

Was genau wird da gemessen?

Markus Schönberger: Mit dem Green Controlling identifizieren wir die ökonomisch-ökologischen Effizienzpotenziale unserer Standorte und steuern die entsprechenden Kennzahlen. Im Fokus stehen hier die Bereiche Energie, Abfall und Frischwasser. Dabei verfolgen wir drei konkrete Ziele, die von der Konzerngeschäftsführung auf Basis des Geschäftsjahres 2011/12 definiert wurden: Voith will bis zum Geschäftsjahr 2017/18 umsatzbezogen seinen Energiebedarf um 20 Prozent, die Abfallmenge um 25 Prozent und den Frischwasserverbrauch um 10 Prozent senken. Wir liegen aktuell voll auf Zielkurs und verbrauchen bereits heute 112 Gigawattstunden weniger Energie, produzieren 21.505 Tonnen weniger Abfall und benötigen 604.807 Kubikmeter weniger Frischwasser.

In unserer Studie werden insbesondere Energieeinsparpotenziale als beispielhaft für den monetären Nutzen von Nachhaltigkeit genannt. Deckt sich das mit Ihren Erfahrungen?

Markus Schönberger: Der Energieverbrauch ist in der Tat eine unserer wesentlichen Stellgrößen. Im Geschäftsjahr 2015/16 zum Beispiel haben wir weltweit an allen Standorten 452.294 Megawattstunden Energie verbraucht. Die daraus resultierenden Energiekosten betrugen 40,3 Millionen Euro. Standen in den Anfangsjahren bei unseren Optimierungen Infrastrukturprojekte wie Beleuchtung, Heizung, Belüftung und so weiter im Vordergrund, verlagerte sich der Projektfokus im Laufe der Zeit mehr und mehr in Richtung der Produktionsprozesse. Deren Verbräuche werden beim Anlagen- und Maschinenbauer Voith wesentlich durch Werkzeugmaschinen bestimmt.

Können Sie konkrete Maßnahmen nennen, mit denen Sie Ihre Erfolge erzielen?

Markus Schönberger: Häufig ist es das Zusammenspiel einer Menge kleinerer Schritte verbunden mit dem großen Engagement vieler Mitarbeiter, das in Summe zum Einsparen der 112 Gigawattstunden führt. Beispielsweise sparen wir an den Druckluftversorgungen unserer Standorte circa 395.000 Euro pro Jahr durch technische und organisatorische Verbesserungsmaßnahmen in über 30 Einzelmaßnahmen. Zu den größten gehört der Einsatz von Wärmepumpen an einem Standort in Schweden. Diese mindern den Diesel- und Flüssiggasverbrauch und sparen rund 250.000 Euro. Wichtig bei allen Maßnahmen ist Messbarkeit und Erfolgskontrolle.

Nachhaltigkeit wird auch für junge Leute ein zunehmend wichtiges Thema. Erwarten Sie da Vorteile beim Werben um neue Talente?

Markus Schönberger: In der Tat spüren wir deutlich, dass Nachhaltigkeit vor allem bei den jungen Bewerbern zunehmend an Bedeutung gewinnt. Aus Analysen wissen wir, dass Bewerber die größte Besuchergruppe auf unserer Nachhaltigkeitshomepage darstellen. In regelmäßigen Abständen befragen wir daher gezielt junge Leute, die an Voith interessiert sind, wie ihre Anforderungen an uns aussehen. Die Ergebnisse nehmen wir sehr ernst und integrieren sie in unsere Personalstrategie, um auch weiterhin ein attraktiver Arbeitgeber zu bleiben.

Und wo sehen Sie die größten Risiken für Unternehmen, die das Thema Nachhaltigkeit bisher noch nicht auf der Agenda haben?

Markus Schönberger: Wir wissen, dass nachhaltiges Wirtschaften und unternehmerischer Erfolg sich gegenseitig bedingen. Nur wer die Interessen der Menschen bei seinem Handeln beachtet, wer Ressourcen schont und die Umwelt schützt, wer mit seinen Produkten zum nachhaltigen Fortschritt der Gesellschaft beiträgt – nur der wird langfristig Erfolg haben. Wir wollen durch nachhaltiges Wirtschaften einen messbaren Mehrwert schaffen. Für unser Unternehmen und für die Gesellschaft, an der wir teilhaben.