Arbeitest du noch oder bist du schon auf New Work?

In HR-Abteilungen, bei Recruitern und auf Jobportalen geht es immer häufiger um New Work oder agiles Arbeiten - und damit um eine neue Unternehmenskultur.

Frau sitzt mit Laptop im Homeoffice

Die Arbeitswelt befindet sich in stetem Wandel. Digitalisierung und Automatisierung haben diesen Prozess enorm beschleunigt. Auch die Erfahrungen aus der Covid-19-Zeit und dem erzwungenen Homeoffice in vielen Unternehmen waren mehr Turbo dieser Entwicklung als Bremse. Fakt ist: Arbeitsstrukturen verändern sich schneller denn je. Unternehmen und ihre Mitarbeitenden stehen unter großem Anpassungsdruck und sehen die Notwendigkeit, Veränderungen anzustoßen und Verbesserungsprozesse einzuleiten.

Unternehmen müssen sich neu erfinden

New Work oder auch agiles Arbeiten sind deutlich mehr als ein Homeoffice, der Wegfall des festen Arbeitsplatzes und haben rein gar nichts mehr mit der (ur-)alten Stechuhr-Arbeitsethik zu tun. „Agilität beschreibt in erster Linie ein Mindset und eine damit einhergehende Arbeitskultur, wie eine Organisation den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen einer dynamischen Arbeitswelt begegnen kann. Unternehmen sollen schnell auf Veränderungen reagieren können, ihr Vorgehen ständig evaluieren und Veränderungen aktiv anstoßen, um sich immer neu erfinden zu können. Die Fähigkeit, sich schnell auf neue Gegebenheiten und Kundenansprüche einstellen und entsprechend ausrichten zu können, ist heute eine wichtige Grundlage für den Erfolg eines Unternehmens“, heißt es als Definition in einer gemeinsamen Studie der Online-Jobplattform StepStone und der Personalberatung Kienbaum, die 10.000 Fach- und Führungskräfte nach agilen Arbeitsmethoden befragt haben.

Konkreter wird Dr. Sebastian Harrer, seit Mai dieses Jahres neuer Personalchef der LBBW. Der New-Work-Fachmann verschreibt der LBBW eine neue Arbeitsethik und -kultur: „Im Prinzip geht es darum, Mitarbeitende darin zu befähigen oder darin zu bestärken, ihren Arbeitsalltag zu gestalten. Sie sollen lernen, ihren Weg im Unternehmen zu gehen.“

Sebastian Harrer, Personalchef der LBBW

Bei New Work geht es darum, Mitarbeitende zu befähigen oder darin zu bestärken, ihren Arbeitsalltag zu gestalten.

Dr. Sebastian Harrer, Leiter Personal der LBBW

Klingt einfach, ist es aber wohl nicht. Einer Studie der Unternehmensberatung BearingPoint zufolge ist der Trend, „den wir im Rahmen unserer Studien bereits in den letzten Jahren feststellen konnten, abermals bestätigt: Die Transformation hin zu agilen Organisationen steht weit oben auf der Agenda von vielen Unternehmen und nun auch der Behörden.“ Es herrsche, so steht in dem Papier weiter zu lesen, Konsens darüber, dass der Herausforderung eines immer schneller fortschreitenden Wandels und damit der stetig volatiler werdenden Arbeitswelt mit der Integrationskraft begegnet werden muss, die Agilität biete.

Die größte Herausforderung liegt in einer inklusiven Arbeitskultur

„Es geht darum, Chancen für eine Organisation zu erkennen und Menschen dann zu ermuntern, sich gemeinsam auf den Weg zu machen“, erklärt LBBW-Personalchef Harrer. „Bei allen Trends und Herausforderungen für die Personalabteilung, die es derzeit so gibt, komme ich gedanklich immer auf den Punkt der Vielfalt in der Arbeitswelt. Das beginnt schon bei crossfunktionalen Teamstrukturen, in denen der IT-Experte mit der Social-Media-Managerin zusammenarbeitet. Oder die Tatsache, dass in vielen Unternehmen vier verschiedene Generationen unter einem Dach ‚leben‘. Dass wir heute von hybrider Arbeit und eben nicht nur von einer Arbeitsweise sprechen, zeigt, dass es überall Vielfalt gibt. Und Diversity ohne Inklusion: Das gibt Zoff. Ich sehe es als größte Herausforderung und wichtigste Aufgabe der Personalarbeit, Führungskräfte und Mitarbeitende dazu zu befähigen, eine inklusive Arbeitskultur für diese vielfältigen Elemente zu schaffen.“

Konkrete Zahlen, wie viele Betriebe diese Unternehmenskultur einsetzen und leben, sind schwer bis gar nicht zu finden. BearingPoints Umfrage ergibt, „dass 96 % der befragten Unternehmen die zukünftige Relevanz agiler Methoden als hoch einschätzen.“ Die wichtigsten Gründe: verbesserte Reaktionsfähigkeit, verbesserte Zusammenarbeit, erhöhte Geschwindigkeit sowie verbesserte Produktqualität.

Mit New Work erkennen wir Chancen für die Bank und ermuntern die Menschen, sich gemeinsam auf den Weg zu machen.

Dr. Sebastian Harrer, Leiter Personal der LBBW

Aber nicht immer ist das Implementieren von New Work von Erfolg gekrönt. Julia von Spreckelsen, Beraterin bei BearingPoint, kennt die Fehler: „Viele Unternehmen erreichen ihre an die Einführung von Agilität geknüpften Ziele nicht. Ein Grund dafür ist, dass diese Organisationen ihre agile Transformation bereits mit der Einführung einer agilen Methode oder eines Frameworks als abgeschlossen betrachten. Das reicht aber nicht aus. Zur agilen Transformation gehören der Wandel von Unternehmenskultur, Strukturen und Prozessen bis hin zu Technologien und Produkten. Vor allem den kulturellen Wandel gehen diese Organisationen nicht oder nicht konsequent genug an. Damit stoppt die ganzheitliche agile Transformation, bevor sie richtig begonnen hat.“

„Agilität ist nicht Chaos und jeder macht, was er will“

„Viele denken, Agilität bedeute, dass es chaotisch ist und jeder macht, was er will“, sagt Dr. Sebastian Harrer. Aber das Gegenteil sei der Fall. „Es gibt ganz klare Rollen und Routinen. Das Reflektieren nach kurzen Zyklen – die sogenannten Retros – können dafür sorgen, dass die Mitarbeitenden und auch das Unternehmen viel weniger im Dunklen tappen. Bei vielen anderen Arbeitsweisen gibt es dieses iterative Feedback nicht.“

„Am Ende werden agile Methoden nur dann zum Erfolg führen, wenn Unternehmen es zulassen und fördern, dass jeder einzelne Mitarbeiter frische Ideen entwickelt, Verantwortung übernimmt und eigenständig Entscheidungen trifft“, sagt StepStone CEO Sebastian Dettmers. Arbeitest du noch oder bist du schon auf New Work? Eine Studie der Recruiting Company Softgarden zeigt, wie neu das Thema auch für angehende Arbeitskräfte ist. Auf die Frage nach New Work und agilem Arbeiten verstand jeder dritte Bewerber offenbar nur Bahnhof. Bei Nichtakademikern war die Quote noch höher. Jeder Zweite konnte mit den Begriffen nichts anfangen. Noch nicht.